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Energieeinsparverordnung

Anhörung zum EnEV-Moratorium im NRW-Landtag

© DR
Zu dem im November 2017 von den Fraktionen der CDU und der FDP in den Landtag von Nordrhein-Westfalen eingebrachten Antrag NRW muss auf Bundesebene Impulsgeber für eine Neuausrichtung der Energieeinsparverordnung werden fand am 23. Februar 2018 eine mit 1,5 Stunden angesetzte Anhörung geladener Sachverständiger statt. Bereits im Vorfeld waren dazu 20 schriftliche Stellungnahmen eingegangen. Sie zeigen, wie weit die Meinungen und der Kenntnisstand über energieeffizientes Bauen und die Preisbildung am Wohnungsmarkt auseinanderliegen.

Die beantragte Beschlussfassung…

…enthält vier Punkte: „Der Landtag beauftragt die Landesregierung,

  1. sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die Energieeinsparverordnung 2016 zunächst für drei Jahre ausgesetzt wird und die Vorgaben der Verordnung umfassend evaluiert werden. Hierbei ist ausdrücklich auch auf das gesunde Wohnraumklima, Schimmelbildung und die Auswirkungen von Fungiziden, die von Dämmfassaden in Umwelt und Grundwasser gelangen, einzugehen;
  2. gleichzeitig in dem Evaluierungsprozess eine grundsätzliche Systembetrachtung vorzunehmen. Anzustreben ist, anstelle von Einzelfallbetrachtungen eine Bilanzierung auf Quartiersebene vorzunehmen;
  3. sich im Rahmen der Bundesratsinitiative für die Entwicklung eines Konzepts einzusetzen, das die nach Gebäudeklassifizierung differenzierte Förderung spezifischer Dämmmaßnahmen und Heizungssanierung – insbesondere für einschalige Bauweisen der 1950er bis 1980er-Jahre – zum Ziel hat;
  4. die bisher nach § 25 EnEV gemachten Ausnahmen durch einen entsprechenden Erlass so umzuwandeln und zu handhaben, dass analog zum Bundesland Hessen eine unbürokratische Befreiung möglich gemacht werden kann.“

Die Stellungnahmen zu dem Antrag zeugen auch davon, wie schlecht sie gefasst ist: Während ein Teil der Stellungnahmen davon ausgeht, dass der Antrag die Anfang 2016 in der EnEV verschärften Anforderungen für drei Jahre einfrieren will, interpretieren die anderen eine Rücknahme der Anforderungen auf die ab 2014 geltenden Anforderungen. Auch der in der Diskussion geprägte Begriff „Moratorium“ wird mit unterschiedlichen Ausgangspunkten benutzt. Unterm Strich werden beide Deutungen unterstützt und abgelehnt sowie eine mittelfristige Festschreibung des EnEV-2016-Standards oder eine kurzfristige Verschärfung zum Erreichen eines Niedrigstenergiegebäude-Standards empfohlen.

Zahlreiche der schriftlichen Stellungnahmen sahen vor der Anhörung den Antrag teilweise bereits als obsolet an, weil der GroKo-in-spe-Vertrag bereits das Thema Bilanzierung auf Quartiersebene bereits benennet oder der Zusammenhang zwischen Schimmel und höheren Dämmstandards falsch dargestellt wird. Und der VdW Rheinland Westfalen – der, wie viele andere Stellungnehmer, eine Überarbeitung der EnEV vom Grundsatz her begrüßt – mahnt: „Eine Aussetzung der aktuellen EnEV 2016 wäre ohne Evaluierung allerdings genauso Attentismus, wie es eine Verschärfung wäre: Vor Veränderung steht die Evaluierung.“

Unzufriedenheit mit aktuellem Energieeinsparrecht

Gemeinsamer Nenner fast aller Stellungnahmen ist eine größere Unzufriedenheit mit dem aktuellen Energieeinsparrecht, sodass ein Impuls für eine Überarbeitung durchaus Zustimmung findet. Im Detail und in der Stoßrichtung gehen die Meinungen allerdings weit auseinander und die Bezugslinien werden sehr unterschiedlich gezogen. Es gehört zu den Tatsachen, dass im Umfeld der aktuellen EnEV-Anforderungen höhere Standards die Baukosten prinzipiell erhöhen.

Umstritten ist aber, in welchem Umfang sich höhere Baukosten auf Mieten und Eigentumsbildung auswirken. Beispielsweise weist der Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) darauf hin, dass für den Neubau der „technisch ausgereifte und wirtschaftlich sinnvolle Gebäudestandard ‚KfW-Effizienzhaus 55‘ der geeignete Maßstab“ ist. Die Mitgliedsunternehmen des BDF würden bereits über 80 % der Neubauten in diesem oder einem noch effizienteren Gebäudestandard realisieren. Für den Bauindustrieverband Nordrhein-Westfalen hingegen ist die EnEV „einer, wenn nicht der entscheidende Kostentreiber im Wohnungsneubau der vergangenen Jahre“.

Was die 20 Eingaben erneut verdeutlichen: Die letzten Bundesregierungen haben es trotz vollmundiger Ankündigungen versäumt, ein zukunftsfähiges, EU-konformes, transparent entwickeltes Energieeinsparrecht für den Gebäudebereich auf der Basis gesicherter Erkenntnisse zu etablieren. So haben sie ein Vakuum hinterlassen, indem die einen bereits sehr anspruchsvolle Standards wirtschaftlicher als andere die Mindeststandards realisieren. Insofern zeigt der Antrag – auch wenn seine Begründungen kaum den tatsächlichen Stand widerspiegeln – in die richtige Richtung: Die künftig für das Energieeinsparrecht im Gebäudebereich federführenden Minister(ien) müssen ihrer Verantwortung in Sachen EnEV-Weiterentwicklung bzw. Gebäudeenergiegesetz sorgfältig und zügig gerecht werden. GLR