Mit der Einführung „intelligenter Stromzähler“ (Smart Meter) sind große Hoffnungen verbunden. Verbrauchern sollen sie einen besseren Einblick in ihr Verbrauchsverhalten geben und so beim Stromsparen helfen. Die Energieversorger sollen ebenfalls mehr Informationen erhalten, um die Stromerzeugung besser mit dem Bedarf der Verbraucher abstimmen zu können. Dennoch herrscht in der Energiebranche große Unsicherheit und die Einführung der neuen Zählergeneration geht nur schleppend voran, berichtet das Verbraucherportal Verivox.de.
Nur minimale Funktionsumfang ist Pflicht
Die Einführung der Smart Meter wird im Energiewirtschaftsgesetz (Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung EnWG) geregelt. Seit Januar 2010 müssen bei Neubauten und Renovierungen Zähler eingebaut werden, die „dem jeweiligen Anschlussnutzer den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln“ (§ 21b EnWG). Diese recht unscharfen Anforderungen an intelligente Stromzähler wurden in einer Auslegungshilfe der Bundesnetzagentur in Form von Minimalanforderungen weiter konkretisiert (Positionspapier der Bundesnetzagentur). Dazu gehört beispielsweise, dass der Verbrauch des letzten Tages, der letzten Woche und des letzten Monats angezeigt wird und die Daten elektronisch auslesbar sein müssen.
Keiner will Mehrkosten tragen
Laut Verivox zeichnet sich bereits jetzt ab, dass sich die meisten Messstellenbetreiber (in der Regel der Netzbetreiber) beim Einbau neuer Zähler aus Kostengründen an dieser Minimallösung orientieren werden. Denn zusätzliche Funktionen seien teuer und eine Umfrage der Verbraucherzentrale hat ergeben, dass die meisten Verbraucher nicht bereit sind, Mehrkosten für intelligente Stromzähler zu tragen. Ob die Minimallösung genügend Anreize für die Verbraucher schafft, um die erwarteten Stromeinsparungen von bis zu 10 % zu erreichen, ist jedoch nach der Einschätzung vieler Experten mehr als fraglich. Es wird sogar diskutiert, ob 10 % Stromeinsparungen überhaupt attraktive genug sind, die Verbraucher für Smart Meter zu begeistern.
Einführungspflicht zeit- und lastvariabler Tarife
Ab 2011 müssen alle Energieversorger auch mindestens einen Tarif anbieten, der „einen Anreiz zu Energieeinsparung oder Steuerung des Energieverbrauchs setzt“ (§ 40 Abs.3 EnWG). Damit sind vor allem lastvariable oder tageszeitabhängige Tarife gemeint. Sparsame Verbraucher können dann von den unterschiedlichen Preisstufen profitieren, indem sie ihren Stromverbrauch entsprechend (manuell oder automatisch) steuern.
Ohne Standardisierung wird der Wettbewerb behindert
Diese neue Art von Tarifen stellt vor allem überregionale Stromanbieter vor neue Herausforderungen. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein bundesweit agierender Stromanbieter versorgt seine Privatkunden auf Basis eines Standardlastprofils. In diesem wird das durchschnittliche Verbrauchsverhalten eines bundesdeutschen Haushalts festgehalten. Zeit- oder lastvariable Tarife machen jedoch wirtschaftlich für die Stromanbieter nur Sinn, wenn sie die genaue Verbrauchsstruktur ihrer Kunden kennen und ihre Beschaffung entsprechend optimieren können. Dazu benötigen sie die von den intelligenten Stromzählern bereitgestellten Verbrauchsdaten. Wenn diese Daten jedoch nicht standardisiert sind, muss sich der Stromanbieter die im jeweiligen Netzgebiet verwendete Datentechnologie aneignen. Da es in Deutschland mehr als 1000 Netzbetreiber gibt, könnte es sich bei ausbleibender Standardisierung dabei um viele verschiedene Technologien handeln. Dieser Aufwand steht dann in keinem Verhältnis zu den möglichen Effizienzgewinnen durch intelligente Stromzähler. So könnte sich die unregulierte Einführung zeit- und lastvariabler Tarife als Wettbewerbshemmnis erweisen.
Energieversorger absolvieren nur das Pflichtprogramm
Wie die Unternehmensberatung Steria Mummert ermittelt hat, herrscht in der Energiebranche große Unsicherheit bei der Einführung der intelligenten Stromzähler und entsprechender Tarife. Ihre Einführung werde von den Energieversorgern nur aufgrund des gesetzlichen Drucks betrieben. Als Hauptproblem benennen die meisten Stromanbieter das Fehlen verbindlicher Datenformate. Ohne branchenweite Kommunikationsstandards könne der diskriminierungsfreie Zugang zu den Zählern nicht gewährleistet werden.
Verbindliche Standards und Datenschutz
Um die Umrüstung auf Smart Meter zu beschleunigen und allen Stromanbietern die gleichen Marktchancen zu geben, müssen verbindliche Standards für Funktionalitäten und Datenformate geschaffen werden. Dazu gehört auch der Bereich Datenschutz. Doch es fehlt an klaren Vorgaben zur Speicherung, Verarbeitung und der Weitergabe von Verbrauchsdaten. „Die Gesetzgeber setzen nach wie vor darauf, dass sich der Markt selbst Regeln geben wird. Das ging schon bei der Liberalisierung des Strommarkts im Jahr 1998 schief – die Folge war damals eine Reihe von Pleiten bei neuen Stromversorgern“, warnt Peter Reese, Leiter Energiewirtschaft bei Verivox.de. „Darum brauchen wir verbindlichere Rahmenbedingungen für die Einführung Intelligenter Stromzähler. Nur wenn Investitionssicherheit herrscht, werden die Energieversorger ihre zögerliche Haltung aufgeben.“ GLR
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