Im Vorfeld der Beratungen des Klimakabinetts am 20. September 2019 in Berlin und mit Blick auf den UN-Klimagipfel in New York appelliert das Deutsche Energieberater-Netzwerk DEN e.V. an die Verantwortlichen in Bund und Ländern, das enorme Potenzial an energetischen Einspar-Möglichkeiten und damit an praktischem Klimaschutz zu nutzen. In einem offenen Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und an Mitglieder der Regierungskoalition heißt es: “Jetzt, da die Klimadiskussion international zum zentralen Thema wurde, scheint der richtige Moment gekommen, weitreichende Strategien zu entwerfen und mutige Beschlüsse zu fassen.“
Der Gebäudesektor verursache in der Bundesrepublik durch Heizung, Kühlung, Warmwasser-Aufbereitung oder Beleuchtung etwa 1/3 der Treibhausgas-Emission, so das DEN. Viele Installationen seien in die Jahre gekommen und entsprächen weder dem heutigen Stand der Technik noch den erforderlichen energetischen Einsparmöglichkeiten. Moderne Technologien, welche den Energiebedarf in Gebäuden deutlich senken können, stünden zur Verfügung. Sie müssten nur ausreichend genutzt werden.
Das sei bislang nicht der Fall. Der Sanierung von Bestandsgebäuden komme bei der Erreichung der Klimaziele in Deutschland eine wichtige Rolle zu. Leider verharre die Sanierungsquote seit Jahren bei ca. 1 %. Um die Klimaziele zu erreichen und das Potenzial adäquat auszunutzen, wäre jedoch mindestens das Doppelte vonnöten. Die von Bund, Ländern und Gemeinden angebotene Vielzahl von Förderprogrammen trügen zwar zur heutigen Sanierungsquote bei, blieben aber trotzdem hinter den Erwartungen der Politik zurück. Dies nicht zuletzt wegen einer verbraucherunfreundlichen Unübersichtlichkeit der Angebote sowie einer mangelnden Verzahnung der einzelnen Programme, moniert das Energieberater-Netzwerk.
Deshalb schlägt man vor, die von KfW und BAFA sowie von anderen Trägern zur Verfügung gestellten Förderungen zu koordinieren, einfacher zu gestalten und den bürokratischen Aufwand ihrer Beantragung zu verringern. Dabei sollten auch soziale Komponenten einfließen und Beachtung finden. Durch kluge Organisation und Koordination ließen sich ohne großen Kostenaufwand Sanierungspotentiale mobilisieren, indem psychologische und soziale Hemmschwellen abgebaut würden, heißt es in dem Schreiben.
Eine wichtige Rolle komme dabei der richtigen Beratung von Bauherren zu. Nur durch umfassend ausgebildete und wirtschaftlich unabhängige Energieberater*innen könne eine Qualität gesichert werden, welche die optimalen Einsparpotenziale auch erreiche. Es genüge nicht, innerhalb einzelner Gewerke energetische Verbesserung durchzuführen und zu glauben, damit ließe sich das bestmögliche Ergebnis erzielen. Nur eine fachmännische Zusammenschau des gesamten Objektes und ein individueller Sanierungsfahrplan könnten ein solches Ergebnis sicherstellen.
Aus Sicht der im DEN organisierten Energieberater*innen sei es auch weiterhin wichtig, technologieoffen zu fördern, sofern es sich um klimapolitisch sinnvolle Technologien handele. Der Einsatz von Anlagen erneuerbarer Energien sollte dabei den Vorzug vor fossilen bekommen und damit auch die höchste Förderung genießen. Öl- und Gasheizungen werde langfristig nicht die Zukunft gehören können. Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher, Solarthermieanlagen, Wärmepumpen, Brennstoffzellen – diese Techniken seien auf dem Markt, entwickelten sich ständig weiter und verbesserten ihre Leistungsfähigkeit.
Nach Auffassung des DEN ließen sich erfolgreich im Sinne besseren Klimaschutzes Anreize durch eine übersichtliche und kundenfreundlich gestaltete Förderlandschaft mit ordnungspolitischen Mindestanforderungen koppeln. Ein Erneuerbare-Wärme-Gesetz, wie es etwa in Baden-Württemberg gelte, wäre ein mögliches Beispiel. Hier werde ein Mindesteinsatz von erneuerbaren Energien bei Neubau und Sanierung geregelt. Weitere Beispiele für derartige Gesetze, welche durchaus sozialverträglich die Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudebereich fordern und fördern, fänden sich in Flandern und in Dänemark.
Deshalb solle man klimapolitisch zukunftsfähige Technologien bevorzugen, ohne sich auf eine bestimmte Technik einseitig festzulegen. Angedachte „Abwrackprämien“, die nur eine einzelne Technologie fördern, seien nicht zielführend. Gestaffelte Förderungen, die sich an den Emissionen der jeweiligen Anlagen orientieren und den möglichst geringen Ausstoß an Treibhausgasen besonders berücksichtigen, wären gerechter und sinnvoller.
Heizungsanlagen in Gebäuden liefen in der Regel mindestens zwei Jahrzehnte lang. Wenn jetzt also die Weichen falsch gestellt würden durch Förderung von klimapolitisch suboptimalen Technologien, werde an anderer Stelle umso drastischer nachgeregelt werden müssen, wenn man die deutschen Klimaziele erreichen und internationale Strafzahlungen vermeiden wolle.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Es ist jetzt nicht mehr die Zeit, Besitzstände zu wahren und überkommene Strukturen und Interessen um ihrer selbst willen zu schützen. Die Mittel, mutig und innovativ neue Strukturen zu schaffen und erneuerbaren Energien die Türen zu öffnen, sind vorhanden bzw. ließen sich leicht generieren. Entsprechende Vorschläge wurden in jüngster Zeit gemacht. Milliarden für Strafzahlungen zu vergeuden, um danach trotzdem in neue Energieversorgungen investieren zu müssen, wäre unverantwortlich und den Bürgern und Wählern wohl kaum vermittelbar.“
Im Gebäudebereich ließen sich nach Auffassung des DEN enorme Mittel aus privaten Quellen durch kluge Gesetzgebung und motivierende Regelungen recht einfach freisetzen. Das Klimaschutzpotenzial hier sei enorm. Es gelte jetzt, dies auch zu nutzen.