Mit einer Projektsumme von 11 Mio. EUR wird das Land Nordrhein-Westfalen über das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie (MWME) auf dem Campus der Hochschule Bochum (früher Fachhochschule Bochum) in den kommenden zwei Jahren ein Forschungszentrum für die Gewinnung von Erdwärme einrichten.
Zu der aufzubauenden Infrastruktur für das Forschungszentrum gehören ein Institut mit geowissenschaftlichen Laboratorien, eine Großversuchshalle mit Werkstätten, Bohrtechnik und ein Testfeld als in-situ Feldlabor für Versuche unter produktionsnahen Bedingungen.
Zentrales Ausstattungselement ist eine spezielle Coiled-Tubing Bohranlage für Tiefbohrungen bis in 5.000 m. Die Technologie kommt aus der Erdgas- und Erdölförderung in den USA. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass der Bohrstrang durchgängig auf einer Rolle aufgerollt ist und nicht mehr stangenweise aneinander geschraubt wird. Das Bohrverfahren ist damit wesentlich flexibler und schneller als konventionelle Bohrtechnik. Die Bochumer Forscher wollen auf dieser Basis innovative Bohrverfahren entwickeln und sie für die Erdwärmegewinnung aus großen Tiefen nutzbar machen. Die Entwicklung neuer Bohrverfahren für die Exploration, d.h. für die Vorerkundung von Lagerstätten, wird als Schlüsseltechnologie für die Geothermie und andere geologische Energieressourcen angesehen. So soll die große Lücke zwischen Vorversuchen im Labormaßstab und teueren großkalibrigen Produktionsbohrungen geschlossen werden.
Die Coiled-Tubing-Bohrtechnik wird ergänzt um Reservoirtechnik zur Erschließung des Gebirges im tieferen Untergrund. Dabei werden auf dem Testfeld des GeoTechnikums in großer Tiefe künstliche Wegsamkeiten für Heißwasser geschaffen. Dies erfolgt mit Hilfe der neuen Bohrtechnik und über Hochdruckinjektion von Wasser in das Gestein, wodurch dieses aufbricht und einen natürlichen Wärmetauscher entstehen lässt. Die Bochumer Forscher wollen Erkenntnisse über die hydraulische Erschließbarkeit geologisch komplexer Gesteinsformationen gewinnen und diese anschließend auf andere Standorte der Welt übertragen. Die geologisch stark gefalteten und gestörten Schichten des Ruhrkarbons bieten dafür ideale Voraussetzungen.
Modernste geophysikalische Messsonden dienen in der Erdöl-/Erdgasindustrie der detaillierten Aufklärung von untertägigen Gebirgsstrukturen. Bisher sind diese jedoch nur bis 150°C einsetzbar. Speziell für die Erdwärmenutzung sollen in Bochum deshalb hochtemperatur- und druckfeste Messsonden mit Beständigkeiten von über 200°C entwickelt werden. Die Bochumer Technik wird in Container-Systemen auf jedem beliebigen Standort der Erde einsetzbar sein.
Die Tiefbohrtechnik wird ergänzt um Bohrtechnik für mitteltiefe Bohrungen, wie sie z.B. in Kombination mit Wärmepumpen eingesetzt werden. Damit soll auch der dynamische Wachstumsmarkt wärmepumpengestützter Erdwärmesysteme von Bochum aus mit gezielten Neu- und Weiterentwicklungen unterstützt werden. Hierzu werden ein Wärmepumpenprüfstand und ein Bereich für die Entwicklung und Überprüfung neuer Erdwärmesonden und gebirgsoffener Erdwärmesysteme eingerichtet.
www.geothermie-zentrum.de