Im Rahmen der Klima-Diskussionen der COP24, der jährlichen Konferenz der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), wurde ein neuer Bericht veröffentlicht, der die Machbarkeit einer europäischen Energiewende basierend auf 100 % Erneuerbaren Quellen aufzeigt.
Die neue wissenschaftliche Studie der LUT University und Energy Watch Group zeigt, dass die Wende hin zu 100 % Erneuerbaren Energien mit dem heutigen, konventionellen fossil-nuklearen System wirtschaftlich konkurrenzfähig wäre und die Treibhausgas-Emissionen noch vor 2050 auf Null reduzieren würde. Noch deutlicher wird der finanzielle Vorteil einer Energiewende unter Berücksichtigung des prognostizierten Beschäftigungs-Wachstums sowie indirekter wirtschaftlicher Vorteile, welche beispielsweise für Gesundheit, Sicherheit und die Umwelt geschaffen werden, jedoch in der Studie nicht einbezogen wurden.
Die von der LUT University und der Energy Watch Group durchgeführte wissenschaftliche Modellierungs-Studie ist die erste ihrer Art, die eine vollständige Energiewende in Europa in den Bereichen Strom, Wärme, Verkehr und Entsalzung bis 2050 simuliert. Die Veröffentlichung der Studie erfolgte nach etwa viereinhalb Jahren Forschung und Analyse von Datenerfassungen und technischen und finanziellen Modellierungen durch 14 Wissenschaftler.
„Der Bericht bestätigt, dass eine Wende hin zu 100 % Erneuerbaren Energien in allen Sektoren möglich und nicht teurer ist als das heutige Energiesystem", sagte Hans-Josef Fell, ehemaliger Abgeordneter des Deutschen Bundestages und Präsident der Energy Watch Group, während der COP24-Pressekonferenz. „Es wird gezeigt, dass Europa auf ein emissionsfreies Energiesystem umstellen kann. Deshalb können und sollten die europäischen Politiker viel mehr für den Klimaschutz tun als derzeit anvisiert. “
Einige Schlüsselerkenntnisse der Studie:
- Die Umstellung auf 100 % Erneuerbare Energien erfordert eine Massenelektrifizierung in allen Energiesektoren. Die gesamte Stromerzeugung wird das Vier- bis Fünffache der Stromerzeugung von 2015 ausmachen. Dadurch wird der Stromverbrauch im Jahr 2050 mehr als 85 % des Primärenergiebedarfs betragen. Gleichzeitig wird der Verbrauch fossiler Energierohstoffe und Kernkraft in allen Sektoren vollständig eingestellt.
- Die Stromerzeugung im 100 % Erneuerbare-Energien-System wird aus folgendem Mix an Energiequellen bestehen: Solarenergie (62 %), Windkraft (32 %), Wasserkraft (4 %), Bioenergie (2 %) und Geothermie (
- Wind- und Solarenergie machen bis 2050 94 % der gesamten Stromversorgung aus. Etwa 85 % der Erneuerbaren Energien werden aus dezentraler lokaler und regionaler Erzeugung stammen.
- 100 % Erneuerbare Energien sind nicht teurer: Die Energiekosten für ein vollständig nachhaltiges Energiesystem in Europa bleiben stabil und liegen 2050 bei 50-60 €/MWh.
- Die jährlichen Treibhausgasemissionen in Europa sinken durch die Umstellung in allen Sektoren kontinuierlich von rund 4200 Mio. t CO2-Äq. im Jahr 2015 auf Null bis 2050.
- Ein zu 100 % erneuerbares Stromsystem wird 3 bis 3,5 Mio. Menschen beschäftigen. Die rund 800 000 Arbeitsplätze im europäischen Steinkohlebergbau aus dem Jahr 2015 werden bis 2050 komplett eingestellt. Diese werden durch mehr als 1,5 Mio. neue Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbare-Energien-Branche überkompensiert.
Die Studie schließt mit politischen Empfehlungen zur raschen Einführung Erneuerbarer Energien und emissionsfreier Technologien. Zu den wichtigsten in dem Bericht festgelegten Maßnahmen zählen die Förderung von Sektoren-Kopplung, privaten Investitionen, Steuervergünstigungen und rechtlichen Privilegien bei gleichzeitiger Einstellung von Subventionen für Kohle und fossile Brennstoffe. Mit der Umsetzung starker politischer Rahmenbedingungen, so der Bericht, ist eine Wende hin zu 100 % Erneuerbaren Energien bereits vor 2050 möglich.