Dreiviertel der in der Industrie verbrauchten Endenergie ist Wärme, ein Drittel davon im Temperaturbereich unter 150 °C. Dieser Bedarf kann über Solarwärme gedeckt werden, wenn auf dem Industriegelände ausreichend sonnige Flächen für die Kollektoren vorhanden sind. Allerdings sollte der Planer vorher klären, ob es ungenutzte Abwärme z. B. von Kühlanlagen oder Produktionsprozessen im Unternehmen gibt. Diese Quellen könnte eine Wärmepumpe auf die nötigen Prozesstemperaturen anheben und dadurch wiederverwerten. Auch die Kombination einer Solarthermieanlage mit einer Wärmepumpe kann technisch und wirtschaftlich sinnvoll sein. Ist die Solarthermiefläche oder die Wärmepumpenleistung jeweils alleine zu klein, um den Bedarf zu decken, bietet es sich an, die Solaranlage parallel zur Wärmepumpe an einen Speicher anzuschließen. Eine serielle Verschaltung ist dagegen sinnvoll, wenn die Sonnenkollektoren die notwendigen Temperaturen nicht erreichen oder der Hub der Wärmepumpe gering sein soll, was die Effizienz verbessert. Die Planung und Integration einer solchen regenerativen Wärmeversorgung ist also komplex und kostenintensiv. Für Industrieunternehmen ist das oft eine Hürde.
Mit dem Berechnungstool EnPro können Planer innerhalb weniger Stunden den Einsatz einer Wärmepumpe, einer Solarthermieanlage oder einer Kombination der beiden Technologien bewerten sowie Integrationsmöglichkeiten gegenüberstellen und Energiegestehungskosten abschätzen. Es soll Unternehmer, Planer und Komponentenhersteller in mehreren Schritten zur Bewertung und Vorauslegung einer regenerativen Wärmeerzeugung führen. Den Entwicklern war es wichtig, dass auch Nicht-Fachleute das Tool nutzen können. Das Excel-Programm führt zu einer groben Erstschätzung, keiner Detailsimulation. Zum Start sind wenige Daten erforderlich: nutzbare Dachfläche, Abwärmequellen, Standort und derzeitige Energiepreise. Ein Entscheidungsbaum führt über drei Ebenen mit einfachen Ja/Nein-Fragen zu einem von sechs Integrationsschemata. Basierend auf Eingaben zur bestehenden Versorgungsstruktur und den Energieverbrauchern im Produktionsprozess ermittelt das Tool zunächst Optimierungsvorschläge, die dazu dienen, die Effizienz des Produktionsprozesses oder des Energieversorgungssystems zu steigern. Dann werden Wärmequellen und Wärmesenken nach Temperaturniveau und zeitlicher Übereinstimmung identifiziert. Im letzten Schritt vergleicht der Nutzer verschiedene regenerative Wärmeversorgungssysteme. Kriterien sind Wirkungsgrade, Amortisationszeit und Energiegestehungskosten. Bei jedem Schritt unterstützt ein Online-Handbuch den Nutzer. Das Excel-file mit Macros (xlsm) läuft mit gängigen Office-Varianten. Es kann kostenfrei auf der Website von AEE INTEC heruntergeladen werden (www.bit.ly/geb1385). Für die Entwicklung des Tools waren drei Projektpartner verantwortlich: AEE – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC), AIT – Austrian Institute of Technology und das Institut für Energietechnik und Thermodynamik der TU Wien. „Das Tool ist sehr gut geeignet für einen Quick Check für erneuerbare Wärme, den Energieberater oder Anlagenplaner den Industriebetrieben anbieten könnten“, sagt Roger Hackstock, Geschäftsführer des Solarthermie-Industrieverbandes Austria Solar.
Zusätzlich zum Bewertungs-Tool steht ein Leitfaden zur „Integration von Solarthermie und Wärmepumpen in industrielle Prozesse“ zum Download unter www.bit.ly/geb1386. Er enthält ausgewählte Ergebnisse der Fallstudien sowie eine detaillierte Dokumentation der Integrationskonzepte. Zielgruppe sind Energieberater, Industriebetriebe und Technologieanbieter sowie Anlagenbauer.