Das Bundeskabinett hat im Dezember den zweiten Klimaschutzbericht zum Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den fünften Monitoring-Bericht zur Energiewende beschlossen (s. auch S. 8). Erstaunlicherweise sieht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die „Energiewende weiter auf Zielkurs“. Zwar kommt er – nach Aufzählung des Erreichten – zu der Erkenntnis, dass gerade bei der Energieeffizienz weitere Fortschritte notwendig sind, stellt dann aber zufrieden fest: „Mit zahlreichen neuen Förderprogrammen sind wir jedoch auch hier auf dem richtigen Weg.“ Ist also alles in Ordnung?
Beim Bundesumweltministerium hört sich das anders an. Dort heißt es zum Klimaschutzbericht 2016: „Die Einschätzung, ob die Ziele des Programms erreicht werden können, fällt 2016 etwas weniger optimistisch aus.“ Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks teilt mit, dass die Maßnahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 zu wirken beginnen, Energiekosten gespart, Werte und Beschäftigung mit dem Klimaschutz geschaffen werden, erklärt aber, dass Deutschland sich nach wie vor gehörig anstrengen muss, die selbst gesetzten Ziele zu erreichen. So oder so ähnlich haben wir das schon oft gehört. Und was ist daraus geworden? Ein Sammelsurium an Regelungen und Förderprogrammen das Beratern, Planern und Handwerkern das Leben schwer macht und doch nicht genügt, um die Klimaziele zu erreichen.
Die unabhängige Expertenkommission, die den Monitoring-Prozess zur Energiewende begleitet und eine Stellungnahme zum Monitoring-Bericht verfasst hat, bringt es auf den Punkt: „Insbesondere das Klimaschutzziel dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt werden.“ Der Blick in den Monitoring-Bericht zeigt, dass es im Verkehrsbereich am übelsten aussieht mit einem Endenergieverbrauch, der 2015 um 1,2 % höher war als 2005. Energiewende auf Zielkurs? Hier stimmt noch nicht einmal die Richtung. Aus Angst vor Protesten nimmt die Politik sowohl den steigenden Energieverbrauch als auch das zunehmende Verkehrs-Chaos in Kauf und erklärt eine Trendwende im Verkehr zum Langzeitprojekt.
Nur in drei Bereichen, die alle den Ausbau erneuerbarer Energien betreffen, werden die Klimaschutzziele wahrscheinlich erreicht. Ob sie auch beim Wärmebedarf für Gebäude und beim Primärenergieverbrauch erreicht werden, hängt von den viel strapazierten „zusätzlichen Anstrengungen“ ab, die dafür nötig wären. Und in fünf von zehn Bereichen klafft eine so große Lücke, dass die Energiewende-Ziele für 2020 wahrscheinlich verfehlt werden: Bei den Treibhausgasemissionen, dem Stromverbrauch, der Endenergieproduktivität, dem Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr und dem bereits erwähnten Energieverbrauch im Verkehr.
Die bisherigen Maßnahmen genügen also bei Weitem nicht. Wenn „weitere erhebliche Anstrengungen“ tatsächlich umgesetzt würden, wäre mit Widerstand zu rechnen, etwa von jenen, die immer noch nicht einsehen, warum Energie eingespart werden muss. Trotzdem ist schnelles, entschlossenes Handeln unbedingt notwendig. Je länger die erforderlichen Maßnahmen aufgeschoben werden, umso drastischer müssen sie ausfallen. Die Chance auf eine wirkungsvollere Klimapolitik ist allerdings gering, dafür fehlt die nötige Entschlossenheit. Wen wundert das, wenn die zuständigen Ministerien unterschiedliche Ziele anpeilen.
Alles Gute für 2017 wünscht Ihnen
Sabine Riethmüller
P. S. Mehr zum Prinzip Unverbindlichkeit finden Sie im Topaktuell „Mehr Wunsch als Wille“ auf S. 10.