Seit dem Scheitern des Gebäudeenergiegesetzes war die Bundesregierung so sehr mit Wahlkampf und dem anschließenden Koalitionsgerangel beschäftigt, dass sie in Sachen Energieeffizienz nicht vom Fleck kam. Diese Flaute und der hartnäckige Widerstand gegen steigende Anforderungen verhinderte nicht nur monatelang ein Vorankommen in der Energiepolitik, es ließ auch Raum für Proteste gegen die so oft geschmähte Dämmung und andere ungeliebte Maßnahmen. So fordern etwa in Nordrhein-Westfalen die Fraktionen von CDU und FDP, die EnEV 2016 für drei Jahre auszusetzen (GEB-Newsletter, Webcode 796452) – ein Rückschritt auf dem Weg zu energieeffizienteren Gebäuden.
Im Gegensatz zur Energiepolitik hat sich der Markt in Bewegung gesetzt und bewiesen, dass er imstande ist, sich an veränderte Randbedingungen anzupassen. Viele befürchteten magere Zeiten für das energieeffiziente Bauen, als im April 2016 die Förderung für den Bau von KfW-70-Wohngebäuden wegfiel. Inzwischen haben jedoch KfW-55-Gebäude deren Platz eingenommen. Etwa die Hälfte der neuen Wohnungen liegt weit genug über den Anforderungen der EnEV, um KfW-Förderung in Anspruch zu nehmen. Zahlen zur Förderung belegen, dass dieser Standard im Neubau nicht nur machbar, sondern in der Baubranche auch angekommen ist: Während 2015 erst ein Viertel der geförderten Wohneinheiten in Gebäuden mit KfW-55-Standard oder höher war, stieg deren Anteil im Jahr der Umstellung auf 70 %, wovon der größte Teil auf KfW-55-Gebäude entfiel. Rund 12 % waren KfW-40- und KfW-40-Plus-Häuser. Für das Jahr 2017 ergibt sich aus einer Hochrechnung 1), dass der Trend zum höheren Effizienzstandard anhält: Obwohl die Gesamtzahl geförderter Wohneinheiten geringer ist, steigt ihre Zahl sowohl in KfW-55-Gebäuden als auch in KfW-40- und KfW-40-Plus-Häusern. Bei den Nichtwohngebäuden verbucht das Programm „Energieeffizient Bauen“ ebenfalls Erfolge. Die geförderten Investitionen stiegen von rund 1 Mrd. Euro im Jahr, in dem die Förderung begann, auf rund 3,5 Mrd. Euro im Jahr 2016. Für 2017 ergeben sich aus der Hochrechnung rund 6 Mrd. Euro.
Gerade weil sich der Markt trotz politischem Stillstand weiterentwickelt hat, sollten die Verantwortlichen endlich eine Klimapolitik wagen, die diesen Namen verdient. Ob und wann es dazu kommt, ist jedoch nicht abzusehen. Energieberatern und ihren Kunden bleibt also nichts anderes übrig, als das Beste aus den gegebenen Voraussetzungen zu machen. Die Praxis zeigt, wie viel schon jetzt möglich ist.
Alles Gute für 2018 und viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen
Sabine Riethmüller