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Energieanalyse von Nichtwohngebäuden im Bestand

Teile und beherrsche!

Bisher ist zur Bewertung der energetischen Effizienz von Bestandsgebäuden das Verbrauchsbenchmarking nach dem Energieverbrauchsausweis etabliert. Aufgrund der statistisch abgeleiteten Verbrauchskennwerte erscheint es geeignet, das Einsparpotenzial eines Gebäudeportfolios abzuschätzen. An einem einzelnen Gebäude ist eine solche Aussage in der Regel aber nicht möglich, auch wenn das Verfahren gerne dazu benutzt wird. Der Vergleich kann sich nur auf die Feststellung beschränken, dass der Energieverbrauch des Gebäudes hoch oder niedrig ist im Vergleich zu einem mittleren Gebäude der gleichen Kategorie. Damit lässt sich aber nicht beurteilen, warum das so ist und ob das Gebäude über ein Einsparpotenzial verfügt.

Alternativ kann ein Energieberater nur auf sehr aufwendige, für den Neubau gemachte Analyseverfahren zurückgreifen, etwa im Rahmen des Energiebedarfsausweises nach DIN V 18599. Oder er entscheidet sich für eine dynamische Gebäudesimulation oder gleich die Maßnahmenplanung. Das ist in der frühen Planungsphase, zum Beispiel im Rahmen eines energetischen Portfoliomanagements, sehr unbefriedigend. Zumal bei Bestandsgebäuden oft gar keine verwertbaren und entsprechend detaillierten Daten und Unterlagen mehr verfügbar sind.

Energetische Analyse von Nichtwohn­gebäuden im ­Bestand

Mit der im TEK-Projekt [1] entwickelten Teilenergiekennwert-Methode wird diese Lücke in den Instrumenten und Methoden (Abb. 1) geschlossen. Die Methodik lehnt sich zwar an die Gesamtenergiebilanzierung nach DIN 18599 an, besticht jedoch durch verschiedene Vereinfachungen, die der Tatsache Rechnung tragen, dass in Bestandsgebäuden oft Unterlagen und Daten fehlen. Außerdem wurde der Bilanzraum der Berechnungen auf nutzerspezifische Energiebedarfe erweitert, um einen Bedarfs-Verbrauchs-Abgleich vornehmen zu können. Dieser ist Voraussetzung, um das Einsparpotenzial von energetischen Sanierungen plausibel bestimmen zu können. Auch ein TEK-Wirtschaftlichkeitstool steht bereit, mit dem Maßnahmen auf der Basis der jährlichen Gesamtkosten auch wirtschaftlich bewertet werden können.

Des Weiteren wurden im Rahmen des Projektes auch Werkzeuge zur Bestandsanalyse und zur Auswertung eventuell im Gebäude vorhandener Informa­tionen und Messdaten erarbeitet. Dazu gehören Tools zur Analyse und Interpretation von Lastgangmessungen und zur Hochrechnung von Kurzzeitmessungen auf den Jahresenergieverbrauch einer Anlage [2]. Mit vertretbarem Analyseaufwand kommt man mit dem TEK-Tool, das in einer Excel-Arbeitshilfe integriert ist, zu aussagefähigen Ergebnissen bei einer Energieberatung. Den Ist-Verbrauch verstehen, Teilverbräuche bewerten, Schwachstellen und Einsparpotenziale erkennen – das ist das Ziel von TEK.

Die speziell auf die energetische Analyse und Bewertung von bestehenden Nichtwohngebäuden zugeschnittenen Optionen lassen an vielen Stellen die Wahl zwischen vereinfachter und objektspezifischer Berechnung (Abb. 2). Wie bereits erwähnt, lehnt sich die Bilanzierung zwar an das Verfahren nach DIN V 18599 an, es werden jedoch im Rechenkern die vereinfachten Algorithmen für die Mehrzonenbilanz aus dem ebenfalls Excel-gestützten Tool EnerCalC [3] angewendet. Auch Beleuchtungssysteme und Anlagen der technischen Gebäudeausrüstung können vereinfacht beziehungsweise objektspezifisch abgebildet werden, indem man die im Gebäude ablesbaren oder gemessenen technischen Daten nutzt. Je nach Datenlage lassen sich die Nutzungsparameter außerdem in zwei Berechnungsmodi eingeben:

  • im Modus „DIN V 18599“ sind dies Standardnutzungsprofile der DIN V 18599-100;
  • im Modus „Objektspezifisch“ reale Daten wie zum Beispiel Nutzungszeiten, Raumtemperaturen und interne Wärmequellen.

Abgleich von Bedarf und Verbrauch

Um die Einsparpotenziale realistisch berechnen zu können, ist ein Bedarfs-Verbrauchs-Abgleich im Ist-Zustand unabdingbar. Dazu müssen auch nutzungsspezifische Verbraucher von Nichtwohngebäuden wie zum Beispiel Arbeitshilfen, Aufzüge oder zentrale Einrichtungen des Nutzers in die Analyse einbezogen werden.

Beim Bedarfs-Verbrauchs-Abgleich (Abb. 3) darf man sich nicht allein darauf fokussieren, das Verhältnis von berechnetem Energiebedarf zu gemessenem Energieverbrauch (fb/v) auf eins zu trimmen. Vielmehr geht es darum, die Randbedingungen hinsichtlich Nutzungszeiten, mittleren Raumtemperaturen während der Nutzungszeit und der internen Wärmequellen realistisch abzubilden. Auch die Betriebszeiten von raumlufttechnischen Anlagen und andere objektspezifisch abgebildete Anlagenparameter sind bei größeren Abweichungen zu überprüfen.

Nicht immer lassen sich Bedarf und Verbrauch plausibel auf einen Nenner bringen. Faktoren wie ungeregelte Luftwechsel durch Fensterlüftung oder Infiltration sind am bestehenden Gebäude schwer einzuschätzen, ebenso wie der Effekt von Wärmebrücken oder die Bauschwere. Nicht zuletzt ist sicherzustellen, dass die Verbrauchsangaben auch wirklich den Verbrauch des analysierten Gebäudes widerspiegeln und hinsichtlich Witterung, Leerstand und so weiter korrekt bereinigt sind.

Die Analyse mit TEK bildet die Struktur des Energieverbrauchs differenziert nach Nutzungszonen und Gewerken ab und bewertet diese objektspezifischen Teilenergiekennwerte mit tabellierten Referenz-Teil­energiekennwerten in fünf Energieaufwandsklassen. Energetische Schwachstellen können so leicht identifiziert werden. Ausgehend von der Ist-Analyse lassen sich nach dem Bedarfs-Verbrauchs-Abgleich die Empfehlungen zur energetischen Modernisierung bilanzieren und Einsparpotenziale plausibel abschätzen.

Schwachstellenanalyse

Bei der Schwachstellenanalyse in TEK werden objektspezifische Teilenergiekennwerte des Istzustands eines Gebäudes – sogenannte Objekt-Teilenergiekennwerte (Objekt-TEK) mit ReferenzTeilenergie­kenn­werten (Referenz-TEK) verglichen. Die Bewertung der Gewerke Heizung, Beleuchtung, Luftförderung, Klimakälte und Befeuchtung erfolgt im TEK-Tool entsprechend auf Zonenebene. Die Angabe der Kennwerte erfolgt auf Endenergieebene getrennt nach Gewerken und bezieht sich auf die Zonenfläche.

Die Referenz-TEK unterscheiden sich gemäß den 45 Standardnutzungsprofilen der DIN V 18599-100:2009-10, Teil 10 mit den dort angegebenen Nutzungszeiten und Raumtemperaturen und basieren auf dem Standardklima nach DIN V 18599-10:2007-02. An einem virtuellen Modellgebäude wurden Kompaktheit A/V, Orientierung und Fensterflächen ebenso festgelegt wie typische Zonengeometrien [4]. Die Qualität der Gebäudehülle und Anlagentechnik ist für übliche U- und g-Werte, Anlagenaufwandszahlen und Regelungsregime in fünf Energieaufwandsklassen differenziert. Zur Bewertung werden zwei Vergleiche angestellt (Abb. 4):

  • Zum einen wird angegeben und farblich verdeutlicht, in welcher Energieaufwandsklasse die Teilenergiekennwerte des Ist-Zustands jeweils liegen.
  • Zum anderen werden die Teilenergiekennwerte, die spezifische installierte Leistung und die Vollbetriebszeiten des Ist-Zustandes den Referenz-Teilenergiekennwerten für die Energieaufwandsklasse „gering“ gegenüber gestellt.

Diese Aufwandsklasse repräsentiert einen üblichen Neubaustandard, angelehnt an das Referenzgebäude der EnEV 2009, und gibt einen Anhaltspunkt, welches Einsparpotenzial im Rahmen einer ambitionierten Modernisierung erreichbar sein könnte. Die Differenzierung des Vergleichs in Energie, Leistung und Zeit kann weitere Hinweise auf die Ursache hoher Kennwerte geben. So liegt möglicherweise eine Überdimensionierung einer Anlage vor, wenn der Leistungskennwert den Referenz-Kennwert deutlich überschreitet. Oder die Regelung ist nicht an den Bedarf angepasst, wenn die Vollbetriebszeit weit über dem Referenzwert liegt.

Gebäudeanalyse in der Feldphase

Zu dem ENOB-Forschungsprojekt gehört auch eine Feldphase, die insgesamt sechs Gebäudekategorien abdeckt. Dazu gehören unter anderem Büro- und Verwaltungsbauten, Schulen, Läden, Museen, Hotels und Bauten für Wissenschaft und Lehre (Abb. 5 ).

Angesichts der Fülle von Einflussfaktoren, die bei Bestandsgebäuden oft nur mit unzureichender Genauigkeit ermittelt werden können, sind Abweichungen des berechneten Bedarfs vom gemessenen Verbrauch von ±20 % als normal anzusehen. Bei der Untersuchung in der Berechnungsart „objektspezifisch“ bestätigen erste vorläufige Ergebnisse der Querschnittsauswertung für elektrische Energie und Brennstoff/Fernwärme, dass die Verhältnisse fb/v von berechnetem Bedarf zu gemessenem Verbrauch im erwarteten Intervall liegen. Datenbasis waren Nutzungsrandbedingungen und Hüllflächen, Bauteilkennwerte und Beleuchtungsanlagen, wie sie am Gebäude erhoben wurden.

In der Berechnungsart „DIN / vereinfacht“, also mit Standard-Nutzungsrandbedingungen nach DIN V 18599 und vereinfacht ermittelten Hüllflächen, Bauteilkennwerten und Beleuchtungsanlagen, ist die Streuung der Ergebnisse breiter, was nicht überrascht. Insbesondere die Nutzungsrandbedingungen machen bekannterweise im Bestand den großen Unterschied, aber auch die Hüllflächenermittlung spielt eine Rolle.

Zustimmendes Feedback der Projektpartner

Die Erfahrungen aus der Feldphase haben gezeigt, dass mit den Werkzeugen, die im TEK-Projekt entwickelt wurden, Gebäudeanalysen deutlich schneller erstellt werden können als mit dem Verfahren nach DIN V 18599. Das Feedback der sieben Projektpartner bestätigt, dass mit TEK unter Nutzung der vereinfachten Berechnungsoptionen und bei guter Datenlage die aussagekräftige Schwachstellenanalyse eines durchaus komplexen Gebäudes in zwei bis drei Arbeitstagen ­gelingt.

In der zurzeit laufenden Phase 4 des TEK-Projekts wird das TEK-Tool an die Änderungen und Erweiterungen der DIN V 18599:2011-12 angepasst. Insbesondere weitere Fortschritte in den Technologien wie zum Beispiel bei der LED-Beleuchtung, der freien und adiabaten Kühlung oder den PV-, KWK- und solarthermischen Anlagen werden dann abbildbar sein.

Literatur und Quellen[1] Teilenergiekennwerte von Nichtwohngebäuden – Methodische Grundlage, empirische Erhebung und systematische Analyse, Forschungsprojekt im Forschungsschwerpunkt Energieoptimiertes Bauen (ENOB), gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.[2] Das TEK-Tool und das Lastganganalyse-Tool stehen bereits zum Download zur Verfügung unter http://www.iwu.de/forschung/energie/laufend/teilenergiekennwerte-von-nicht-wohngebaeuden/.Die anderen Tools werden in Kürze folgen. Das Arbeiten mit den Werkzeugen erfordert bauphysikalische und technische Querschnittskenntnisse wie sie typischerweise Energieberater haben.[3] EnerCalc – Vereinfachte Energiebilanzen nach DIN V 18599, Forschungsprojekt im Forschungsschwerpunkt Energieoptimiertes Bauen (ENOB), gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.[4] Zonengeometrie in Anlehnung an: Knissel, Jens, Methodik zur Erfassung, Beurteilung und Optimierung des Elektrizitätsbedarfs von Gebäuden (MEG) – Modul 2.3: Klimakälte (gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt), Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 2005;Lichtmess, Markus, Vereinfachungen für die energetische Bewertung von Gebäuden, Dissertation am Fachbereich Architektur der Bergischen Universität Wuppertal, Wuppertal 2010

Literatur und Quellen
[1] Teilenergiekennwerte von Nichtwohngebäuden – Methodische Grundlage,
empirische Erhebung und systematische Analyse, Forschungsprojekt
im Forschungsschwerpunkt Energieoptimiertes Bauen (ENOB), gefördert
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
[2] Das TEK-Tool und das Lastganganalyse-Tool stehen bereits zum Download
zur Verfügung unter http://www.iwu.de/forschung/energie/laufend/
teilenergiekennwerte-von-nicht-wohngebaeuden/. Die anderen Tools werden
in Kürze folgen. Das Arbeiten mit den Werkzeugen erfordert bauphysikalische
und technische Querschnittskenntnisse wie sie typischerweise
Energieberater haben.
[3] EnerCalc – Vereinfachte Energiebilanzen nach DIN V 18599, Forschungsprojekt
im Forschungsschwerpunkt Energieoptimiertes Bauen (ENOB),
gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.
[4] Zonengeometrie in Anlehnung an:
Knissel, Jens, Methodik zur Erfassung, Beurteilung und Optimierung des
Elektrizitätsbedarfs von Gebäuden (MEG) – Modul 2.3: Klimakälte (gefördert
von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt), Institut Wohnen und Umwelt,
Darmstadt 2005;
Lichtmess, Markus, Vereinfachungen für die energetische Bewertung von
Gebäuden, Dissertation am Fachbereich Architektur der Bergischen Universität
Wuppertal, Wuppertal 2010

AUTOR

Dipl. Phys. Michael Hörner studierte Physik an den Universitäten Mainz, Seattle (USA) und Bogota (Kolumbien). Nach vielen beruflichen Erfahrungen unter anderem im Energiereferat der Stadt Frankfurt und im Bereich Energiemanagement bei der DS-Plan in Frankfurt kam er 2008 zum Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt. Der Spezialist für Energieberatung und das Erstellen von Gebäudetechnikkonzepten betreut im IWU verschiedene Projekte im Arbeitsbereich Energie mit Schwerpunkt Energieeffizienz von Nichtwohngebäuden und nachhaltiges Bauen.

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