Meistens geht es zum Glück glatt: Da will jemand ein Haus oder eine Wohnung errichten, beauftragt Fachleute mit den Arbeiten und darf schließlich als glücklicher Eigentümer in seine Immobilie einziehen oder diese vermieten. Doch manchmal lässt sich Streit nicht vermeiden. Dann müssen die Parteien in letzter Konsequenz vor den Gerichten klären lassen, wer im Recht war – egal, ob es um die Verantwortung eines Architekten bei der Überwachung des Baugeschehens, um die Verwendung falscher Materialien oder um die Herausgabe von Plänen geht. Der Infodienst Recht und Steuern der Landesbausparkassen hat einige Entscheidungen deutscher Gerichte rund um die Baustelle zusammengestellt. Aus den Fehlern anderer zu lernen, ist am günstigsten:
Haftung auch bei bloßer Gefälligkeit
Ein Architekt hatte sich nach Ansicht eines Bauherrn ihm gegenüber verpflichtet, den Fortgang der Arbeiten am Bau zu überwachen. Und zwar ohne, dass dies in einem Vertrag eigens geregelt gewesen wäre. Der Experte organisierte über einen Dritten diverse Arbeiter, ließ diese einweisen und gab die Mengen des benötigten Materials an. Er war deswegen jeden Tag auf der Baustelle. Als es jedoch zu Problemen kam, wies er jegliche Haftung von sich. Das wollte das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 11 U 16/05) aber nicht hinnehmen. Im Urteil hieß es: „Auch wer aus bloßer Gefälligkeit Bauplanende oder -überwachende Architektentätigkeiten ausübt, haftet deshalb nach denselben Maßstäben wie ein Architekt aus einem Architektenvertrag.“
Spezialfirma als Spezialist verantwortlich
Auch Fachleute machen immer wieder mal Fehler. So etwa, als eine Spezialfirma mit der Entfernung eines Betonstreifens oberhalb einer abgehängten Decke beauftragt war. Ein Auszubildender, der erst wenige Wochen bei dem Unternehmen beschäftigt war, ging dabei so rabiat vor, dass die gesamte Decke herabstürzte und dies einen Schaden in Höhe von 873.000 Euro verursachte. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VII ZR 71/04) musste nun in letzter Instanz klären, ob den Auftraggeber nicht vielleicht auch eine gewisse Mitverantwortung an dem Unfall traf, weil er nicht auf Besonderheiten der Konstruktion hingewiesen hatte. Das sei nicht der Fall gewesen, entschieden die Richter, denn die Spezialfirma hätte so oder so sehr viel gründlicher als tatsächlich geschehen vorgehen und das Problem erkennen müssen.
Bauverzögerung kann das Honorar erhöhen
Werden die Arbeiten an einer Baustelle nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt fertig, dann führt das häufig auf breiter Front zu Verteuerungen für den Auftraggeber. Das Honorar eines dort beschäftigten Ingenieurs etwa kann unter Umständen steigen, wenn er wirklich einen entsprechenden Mehraufwand hatte. Allerdings sollte in einem solchen Fall tunlichst eine Regelbauzeit vertraglich vereinbart sein, entschied das Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen 9 U 738/04). Kann der Ingenieur keinen derartigen Nachweis führen, geht er leer aus.
Gratwanderung für Sachverwalter
Ein Architekt sollte sich gründlich überlegen, was er tut, wenn er seinen Bauherrn auf die vermeintlich mangelhafte Arbeit einer Firma und die Möglichkeit der Leistungsverweigerung hinweist. Verlässt sich nämlich der Bauherr auf diese Empfehlung und verliert einen sich anschließenden Prozess, dann kann nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle (Aktenzeichen 14 U 126/03) eine Pflichtverletzung des Architekten vorliegen. Zumindest sollte der Fachmann seinen Kunden gründlich über die Erfolgsaussichten einer solchen Mängelrüge aufklären.
Mangelbeschreibung ist absenderabhängig
Von einem Bauherrn als Laien kann man nicht verlangen, dass er in der Lage ist, die Dinge alle korrekt beim Namen zu benennen. Wenn er zum Beispiel mit der Formulierung „Wasser tritt von unten ein“ auf einen Mangel hinweist, so muss die zuständige Firma dem nachgehen, denn das könnte auf ein von ihr zu verantwortendes Abdichtungsproblem deuten. Reagiert das Unternehmen auf eine gesetzte Beseitigungsfrist nicht, so das Oberlandesgericht München (Aktenzeichen 27 U 605/05), dann darf der Bauherr eine andere Firma beauftragen und dies in Rechnung stellen.
Beschaffenheitsvereinbarung ist bindend
Vertragliche Vereinbarungen sind bindend, auch bei Angelegenheiten rund um die Baustelle. Wurde zum Beispiel verabredet, dass das Dachgeschoss eines Wohnhauses mit formaldehydfreien Spanplatten verkleidet werden soll, so muss sich die beauftragte Firma auch daran halten. Tut sie das nicht, so kann der Bauherr nach Ansicht des Oberlandesgerichts Brandenburg (Aktenzeichen 11 U 15/05) einen Austausch gegen formaldehydfreie Ware durchsetzen. Dies gilt selbst dann, wenn die vom Bundesgesundheitsministerium empfohlenen Grenzwerte von Anfang an nicht überschritten wurden.
Teure Übertreibung
Das Hochjubeln einer neu zu errichtenden Eigentumswohnung als „exklusiv“ und „Traum“ kann sich für den Bauträger später einmal rächen − dann nämlich, wenn ein Käufer tatsächlich auf den in der Werbung versprochenen Standard pocht. So entschied es das Oberlandesgericht Stuttgart (Aktenzeichen 5 U 201/06). Im konkreten Fall war es um eine Trittschalldämmung nach veralteter DIN-Norm gegangen. Der Erwerber einer Wohnung hörte ständig Geräusche aus dem über ihm liegenden Objekt, was ihn erheblich störte. Er forderte Nachbesserung und war damit erfolgreich. Die Richter betonten, der Verkäufer habe mit seinen „Anpreisungen“ selbst Maßstäbe dafür gesetzt, „dass die Wohnungen erhöhten Komfortansprüchen genügen“ − und zwar auch beim Trittschall. GLR
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