Das Wohnquartier „Vogelsiedlung“ im Bochumer Stadtteil Grumme ist das perfekte Abbild von Herbert Grönemeyers Hymne über die Ruhrmetropole: „Du bist keine Schönheit, vor Arbeit ganz grau. Du liebst Dich ohne Schminke, bist ne ehrliche Haut. Leider total verbaut“. Das Viertel war tatsächlich seit vielen Jahren kein attraktives Aushängeschild mehr für die VBW Bauen und Wohnen, weshalb die Wohnungsbaugesellschaft zunächst einen Komplettabriss und eine Nachverdichtung des Areals in Erwägung zog. Schließlich entschied man sich jedoch dafür, die Bestandsgebäude zu erhalten und in den nächsten Jahren umfangreich zu modernisieren. Der erste der drei geplanten Bauabschnitte umfasste insgesamt 42 Wohneinheiten und konnte sogar noch vor dem geplanten Fertigstellungstermin abgeschlossen werden. Sehr zur Freude der Bewohner, die nämlich alle Bauarbeiten hautnah miterleben „durften“ – schon zwei Heizperioden profitieren sie von der energetischen Modernisierung, die nach dem geförderten Niveau des KfW 60 Hauses gemäß EnEV 2007 erfolgte und den jährlichen Energiebedarf um etwa die Hälfte reduzierte.
Mehr Wohnraum, mehr Wohnwert
Bei der Komplettsanierung standen neben dem energetischen Aspekt auch die Schaffung zusätzlichen Wohnraums sowie die optische Aufwertung des Areals auf dem Programm. Durch ein zusätzliches Stockwerk und neue großzügige Balkone sollte eine neue Lebensqualität in die grauen Häuser aus den 1960er-Jahren einziehen. Deshalb wurde der alte und ungenutzte Dachstuhl komplett abgetragen und entkernt, die zweigeschossigen Gebäude wuchsen um ein Stockwerk in die Höhe und erhielten als krönenden Abschluss ein neues Pultdach. Hinter der farbenfrohen Putzfassade versteckt sich eine zeitgemäße Dämmung, auch die alten Fenster wurden ausgetauscht.
Die durchbetonierten alten Balkonplatten entpuppten sich bei der Bestandsaufnahme als empfindliche Wärmebrücke, was die Frage aufwarf, wie diese am effektivsten beseitigt werden konnte. Weder wollte der Bauherr den Wohnungen die beliebten Freisitze „entreißen“, noch wollte er an den schmalen und hässlichen Balkonen festhalten. Als maßgeschneiderte Lösung des Problems erschien dem Bauherrn schließlich die thermisch entkoppelte 2-Stützen-Konstruktion der Schöck-Balkonsysteme.
Balkonsanierung mit System
Bei der genaueren Analyse des alten Balkonanschlusses stellte sich heraus, dass die Geschosszwischendecken nur etwa zehn Zentimeter dick waren und wie erwartet ohne thermische Trennung in die auskragenden Balkonplatten übergingen. Dies ließ einen hohen und ungestörten Wärmeabfluss befürchten, der trotz gedämmter Fassade am Übergang zwischen Kragplatte und Geschossdecke feuchte Wände und Schimmelpilzbildung nach ziehen könnte. Folglich blieb nur der Abriss der alten Balkone beziehungsweise deren Ersatz durch die Komplettlösung der Schöck-Balkonsysteme. Da die Gebäude in Bochum während der Bauphase bewohnt waren, war der Anspruch an einen planmäßigen, schnellen Ablauf besonders hoch. Die Organisation und Koordination der einzelnen Bauabschnitte musste exakt getaktet werden. Die Ingenieure der Schöck-Balkonsysteme begleiteten daher das Projekt von der ersten Bestandsuntersuchung und der Entwicklung der thermisch getrennten Anschlussvariante, über die Erstellung von Montagekonzepten und Terminplänen bis zur Endabnahme.
Punktuelle Befestigung mit Isokorb-Technik
Aufgrund der sehr dünnen Geschossdecken war für das Anbringen der neuen, thermisch getrennten Anschlüsse sehr exaktes Arbeiten gefragt. Um die Zugkräfte des späteren Balkons aufnehmen zu können, mussten zunächst etwa 50 cm tiefe Löcher in die schlanken Decken gebohrt werden, in denen dann die Zuganker eingemörtelt wurden. Spezielle Anschlüsse mit integrierter Schöck-Isokorb-Technologie entkoppeln das Gebäude thermisch von der Balkonplatte und minimieren damit die Wärmebrücke. Gegenüber einem komplett durchbetonierten Anschluss reduzieren diese punktuellen Anschlüsse den Wärmeabfluss um rund 90 Prozent.
Da die Höhen des Fußbodenaufbaus unterschiedlich waren, mussten die Anschlüsse für jeden der 28 Balkone auf die vorgegebene Austrittshöhe ausgerichtet werden. Dies bedeutete bei diesem Projekt das millimetergenaue Rangieren innerhalb der 10 cm schmalen Decken. Nach diesem chirurgisch anmutenden Montagevorgang ragten die Anschlusselemente, an denen später die neuen Balkone befestigt wurden, nur noch dezent aus der Wand.
Passgenaue und rasche Montage
Nächster Schritt war nun das Anbringen der Fassadendämmung, die in Tiefe und Platzierung ebenfalls exakt an die Balkonanschlusselemente angepasst werden musste, damit später die Nische für die einzuhängenden Balkonplatten stimmte. Eigens dafür entwickelte Schablonen gaben den genauen Einbauort vor und vermieden somit lästige Korrekturen während der Balkonmontage. Wie ein fehlendes Puzzlestück wurden zu guter Letzt die neuen Balkone auf die am Gebäude montierten Schöck-Anschlüsse und zwei in den vorderen Balkonecken angeordnete Stützen aufgelagert. Schon am nächsten Tag nahmen die Bewohner erfreut ihre nun fast doppelt so großen Balkone in Beschlag, die mit 4 x 1,85 m genug Platz für ein Frühstück unter freiem Himmel bieten.