„Das Ergebnis des regenerativen Energiekonzepts mit den Hauptkomponenten Solarenergie, Wärmespeicherung, Wärmepumpe und kontrollierter Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ist ein Plusenergiehaus“, sagt Dipl.-Ing. (FH) Friedrich Hamp über das Energiesystem des im Frühjahr 2014 fertiggestellten Wohnhauses, erbaut in der Nähe des Starnberger Sees. Das Prinzip, mit dem der Energieaufwand zur Beheizung, Kühlung und Lüftung von 390 m² Wohnfläche so gering wie möglich gehalten wird, beruht auf intelligent vernetzter Haustechnik. Zum Beispiel nimmt unter den Modulen der Photovoltaik(PV)-Anlage ein Passivwärmeabsorber die Globalstrahlungswärme auf: „Bei Sonneneinstrahlung herrschen im Hohlraum unter den PV-Modulen hohe Temperaturen. Dieser Wärmegewinn bleibt ansonsten ungenutzt und heizt im Sommer nur die Räume unter dem Dach zusätzlich auf“, erklärt der TGA-Planer, der in München gemeinsam mit Architektin Dipl.-Ing. (FH) Ursula Schiefele-Hamp ein Ingenieurbüro für Integriertes Planen betreibt. Ihr Werk ist der in klaren Sichtbetonwänden erbaute, an den Bauhausstil angelehnte Baukörper des Wohnhauses, der gleichzeitig ein Referenzbeispiel für integrierte Planung ist.
Abwärmenutzung und Wärmerückgewinnung
Hauptbestandteile des Energiesystems sind die saisonale Speicherung von „Solarstrom-Abwärme“ in einem Erdwärmespeicher, Wärmerückgewinnung aus der Innenraumluft und eine Sole/Wasser-Wärmepumpe mit 14 kW Heizleistung. Die aus Aluminiumblech und strömungsgünstigen Kupferrohr-Wärmetauschern gefertigten Passivwärmeabsorber sind eine Entwicklung von Friedrich Hamp und inzwischen patentiert. „Anstatt unter den Photovoltaik-Modulen nur ‚heiße Luft‘ zu produzieren, erzeugt das System zusätzlich Energie bei gleichzeitig gesteigertem Anlagenwirkungsgrad“, sagt der TGA-Planer.
Der Solarstrom und die Wärmerückgewinnung aus der Innenraumluft sind innerhalb des Energiesystems die unmittelbar genutzten Energiearten, während die aus der Modulkühlung gewonnene Wärme zeitversetzt genutzt wird: „Das Prinzip beruht zum Teil auf der zeitlichen Verlagerung von Energiegewinnung und Energieverbrauch durch saisonale Speicherung“, erläutert Hamp. Die PV-Anlage liefert mit einem Jahresertrag von rund 20 000 kWh/a mehr Strom, als die Wärmepumpe und alle übrigen Stromverbraucher ganzjährig benötigen.
Um zusätzlich aus der Raumluft so viel Wärmeenergie wie möglich zurückzugewinnen, sind im Haus zwei Wohnraumlüftungsgeräte mit integrierter Wärmerückgewinnung aufgestellt. Deren Hauptaufgabe besteht darin, im gesamten Gebäude für frische Luft und behagliches Raumklima zu sorgen – auch dann, wenn die Bewohner außer Haus sind.
Lüftungskomfort und Raumlufthygiene
Das im Dachgeschoss installierte Lüftungsgerät vom Typ Vallox ValloPlus 800 SE führt Wohnräumen und Büros gefilterte und vorgewärmte Frischluft zu. Ein baugleiches Gerät im Untergeschoss versorgt Schlafräume, Badezimmer und Nebenräume. Für diese Bereiche wird der Betrieb des Geräts über einen Kanal-Feuchtefühler geregelt. „Die Wahl der Führungsgröße zur Regelung der Lüftungsgeräte orientierte sich an der Raumnutzung“, erläutert Friedrich Hamp. Die Lüftungsgeräte erreichen eine maximale Luftleistung von 790 m³/h und übertragen mit einem großflächigen Wärmetauscher bis zu 90 % der Heizwärme aus der Abluft an die einströmende Zuluft. Im Untergeschoss erzielt die Wärmerückgewinnung einen zusätzlichen Effekt, weil die Abwärme von haustechnischen Geräten wie PV-Wechselrichtern zur Beheizung der Wohnräume beiträgt.
In der Ausführung des Lüftungssystems ist detaillierte Planungsarbeit erkennbar. So wurden die Abluft- und Zuluftleitungen für die Räume im Untergeschoss in der darüberliegenden Geschossdecke einbetoniert. Im Dachgeschoss verlaufen sie vor der Wand und sind von Einbauschränken umbaut, in die Zuluftauslässe integriert sind. Haupt- und Nachschalldämpfer sorgen dafür, dass im Raum das Ticken eines Weckers deutlicher zu hören ist als das Strömungsgeräusch. „Die Raumlufthygiene wird durch die leistungsfähigen Zuluftfilter gewährleistet, durch die aufgrund der heutigen Filterklassen weder Staub noch Verunreinigungen in das Lüftungssystem gelangen können“, sagt Dipl.-Ing. (FH) Friedrich Hamp über die in den Lüftungsgeräten installierten Filter der Filterklasse F7. Um Raumluft und Flächen möglichst staubfrei zu halten, ist zusätzlich eine zentrale Staubsauganlage eingebaut.
Wärme aus PV-Kühlung zeitversetzt zum Heizen nutzen
Wo verwertbare Energie anfällt, sollte sie nach Ansicht des Fachplaners für Versorgungstechnik auch genutzt werden. Die Lösung, den Strombedarf der Wärmepumpe mit Solarstrom zu decken, war ihm nicht konsequent genug. Die aus der Modulkühlung über Solarwärmeabsorber gewonnene Energie dient zur Unterstützung des Wärmepumpensystems. Sie wird in einen eigens dafür konzipierten Erdwärmespeicher geleitet, der sich unter der Bodenplatte des Wohnhauses befindet. Er besteht aus mäanderförmig verlegten PE-Rohren, die in vier Lagen übereinander in einem Kiesbett verlegt sind. Der 1,5 m hohe Erdwärmespeicher erstreckt sich auf einer Grundfläche von 200 m² und wirkt nach Beschreibung des Planers als thermisch aktives Kiesbett: „Im Sommer regeneriert die Kühlung der Photovoltaik-Module den Erdwärmespeicher, sobald das Temperaturniveau im Passivwärmeabsorber um 3 K höher ist als im Erdwärmespeicher.“
Die Sole/Wasser-Wärmepumpe nutzt den Erdwärmespeicher als Wärmequelle. Damit soll sie nach den Berechnungen eine Jahresarbeitszahl über 6 erzielen. Als weitere Besonderheit dieser Wärmepumpenanlage liegt der Erdwärmeabsorber durch die Lage unter dem Gebäude komplett im frostfreien Bereich. So konnte für das Wärmeträgermedium auf den Zusatz von Frostschutzmittel verzichtet werden, wodurch der Wärmeerzeuger im Grunde als Wasser/ Wasser-Wärmepumpe betrieben wird. Im Sommer kann mit dem hydraulischen System rein durch Umwälzung des Wärmeträgermediums über die Fußbodenheizung gekühlt werden. Dies ersparte dem Bauherrn die Systemtrennung zwischen Erdwärmeabsorber und dem Heiz- / Kühlkreislauf. Über eine simple Dreiwege-Umschaltung zirkuliert der Kühlkreislauf unmittelbar zwischen Fußbodenheizung und Erdwärmeabsorber.
Kontrolle über Energieverbrauch und Haustechnik
Zu den Wünschen des für energieeffiziente Gebäude aufgeschlossenen Bauherrn zählte auch, den Überblick über die vernetzten haustechnischen Funktionen zu haben. Im Erdgeschoss zeigt ein in die Wand integriertes Touchscreen-Display die Schalt- und Hydraulikschemata der gebäudetechnischen Systeme. Von diesem Tableau aus bedienen die Hausbewohner auch alle Einrichtungen von der Beleuchtung bis zur Regelung der gebäudetechnischen Anlagen. Um die mit dem intelligent vernetzten Energiesystem erzielbare Energieeffizienz messen zu können, erfassen 22 im Heizungs- und Wärme-verteilsystem installierte KNX-Fühler die Raum- und Mediumtemperaturen sowie Durchflussmengen und Luftvolumenströme.
Die bis ins Detail auf Energieeffizienz und Raumlufthygiene ausgefeilte Gebäudetechnik spart Energiekosten und vermeidet Emissionen. Die kontrollierte Wohnungslüftung versorgt die Bewohner rund um die Uhr mit temperierter, gefilterter Frischluft und schafft darüber hinaus thermische Behaglichkeit: „In der kalten Jahreszeit sorgt das Lüftungssystem für eine fühlbar gleichmäßige Verteilung der Heizwärme aus dem Kaminofen im Wohnzimmer. Sichtbar wird dies daran, dass keines der großflächigen Fenster beschlägt. Im Sommer verteilt die Luftströmung die von der Flächenkühlung temperierte Luft, sodass ohne Einsatz von Klimatechnik z. B. bei 33 °C Außentemperatur in den Wohnräumen angenehme 26 °C herrschen“, berichtet Friedrich Hamp von den bisherigen Erfahrungen des Bauherrn.
Objektdaten
Neubau eines Wohnhauses
Zu beheizende Wohn-/Arbeitsfläche: 390 m²
Wärmeerzeugung und regenerative Energietechnik
- Wärmepumpe, 14 kW
- Erdwärmeabsorber in thermisch aktivem Kiesbett
- Photovoltaikanlage, ca. 20 000 kWh/a
- Nutzung der von PV-Modulen erzeugten Wärme mittels Passivwärmeabsorbern, saisonale Wärmespeicherung in thermisch aktivem Kiesbett
- Kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung
Projektbeteiligte
TGA-Planung, Architektur:
Dipl.-Ing. (FH) Friedrich Hamp
Dipl.-Ing. (FH) Ursula Schiefele-Hamp
http://www.integriertes-planen.de
Ausführung der Haustechnik:
Alfons Grassl GmbH, 81373 München
https://www.alfons-grassl-gmbh.de/
Ausführung des MSR-Systems (KNX):
Elektrotechnik Ernhofer GmbH, 82544 Egling
https://www.elektro-ernhofer.de/
Vertrieb VALLOX Komfortlüftungssystem:
HEINEMANN GmbH, 86911 Dießen
Telefon (0 88 07) 9 46 60