Ist ein Referenzgebäude das nach der EnEV 2013 erstellt wurde heute noch gültig oder haben sich dort Änderungen ergeben? Ich habe hier einen Energieausweis von 2015 und überlege ob ich den als Grundlage für Sanierungsmaßnahmen nehme kann. Konkret möchte ich berechnen wieweit ich mich verbessern muss um das heutige KfW 55 zu erreichen. Kann ich dafür noch das Referenzgebäude aus meinem Ausweis heranziehen oder benötige ich eine neun?
4 Antworten
Danke für die ausführliche Antwort. Der Ausweis ist tatsächlich nach DIN 4108-06/4701-10 ausgestellt, was aber sogar positiv ist. Ich beabsichtige keine Förderung zu beantragen, sondern suche nach Anhaltspunkten für die Optimierung meines Hauses: Der Ausweis ist ein ausführlicher Bedarfsausweis. Der weißt u.a. den Transmissionswärmeverlusst als KfW 55 Standard aus. Der Primärenergiebedarf hingegen reißt den Standard jedoch deutlich.
Wenn ich die Erklärungen richtig verstanden habe, bedeutet das für mich, dass ich mein Haus auf einen (bis 31.12.2022) gültigen KfW 55 Standard bringen kann, indem ich primär die Heiztechnik überarbeite und weniger die Dämmung. Wenn mein Haus mit dem eines 2022 gebauten KfW 55 Hauses überein stimmt, finde ich das ein sehr gutes Ergebnis.
Zur Ergänzung: Mein Plan wäre jetzt die Gasheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen (großzügige Photovoltaik wurde schon letztes Jahr nachgerüstet) und erstmal Fenster und Dämmung unangetastet lassen. Damit sollte ich den Primärenergiebedarf deutlich drücken können.
Ok, dann vermute ich, dass das Haus Baujahr 2015 ist, oder zumindest 2015 die Hülle saniert wurde.
Dann jetzt nach 8 Jahren was an der Hülle zu machen ist mit Sicherheit nicht wirtschaftlich.
Da die Hülle die Anforderung an EH55 bereits einhält, kann mit WP und PV der Stand eines EH55 auch primärenergetisch bestimmt erreicht werden. Das war/ist eine der üblichen Lösungen.
Falls aber die vorhandene Anlagentechnik auch nur 8 Jahre alt ist, dann ist ein Austausch schwierig wirtschaftlich zu begründen. Aber das Thema hat mit der ursprünglichen Frage nichts mehr zu tun.
Oho, diese Frage hat so viele Facetten - da müsste man eigentlich erst mal die Hintergründe klären.
Meine ersten drei Fragen sind:
1. Wohngebäude oder Nichtwohngebäude?
2. Falls Wohngebäude: Nach welcher Norm gerechnet?
3. Welche Unterlagen liegen vor? Nur der Ausdruck des Energieausweises, ausführliche Berechnungsunterlagen oder eine Projektdatei?
Versuchen wir trotzdem die Frage für möglichst viele Fälle zu beantworten.
1. Nichtwohngebäude
Hier gibt es schon in der Referenzgebäudebeschreibung des GEG Abweichungen gegenüber der EnEV. Dies betrifft z.B.:
- Beleuchtung: Ausnahmeregelung für Zonen 6 und 7 weggefallen
- Festlegungen zu bedarfsabhängigen RLT-Steuerung und Gebäudeautomation in Zusammenhang mit neuen Ausgaben der DIN 18599
- Verweise auf neuere Ausgaben der DIN 18599
Die Verweise auf die neue Ausgabe der Norm dürften dabei das Hauptproblem sein. Dadurch betreffen Änderungen der Norm auch das Referenzgebäude. Ein anderes Ergebnis für das Referenzgebäude ist damit ziemlich sicher.
2. Wohngebäude (nach DIN 18599)
Hier gibt es inhaltlich in der Referenzgebäudebeschreibung zwei Änderungen. Diese betreffen die Berechnung nach DIN 18599:
- Heizung: P-Regler
- Gebäudeautomation
Auch hier dürfte aber die neue Ausgabe der Norm das Problem sein.
Spontan fällt mir der Ansatz der Fx-Werte für erdberührte Bauteile ein. In der Ausgabe 2011-12 gab es drei Bereiche für das Bodenplattenmaß, in Ausgabe 2018-09 gibt es vier. Es kann also -in Abhängigkeit der Gebäudekubatur und damit des Bodenplattenmaßes- sein, dass sich der zu berücksichtigende Fx-Wert der erdberührten Bauteile für die Berechnung nach den beiden Ausgaben unterscheidet. Damit kann sich auch der HT'-Wert für das Referenzgebäude ändern - trotz identischen U-Werten in den Referenzgebäudebeschreibungen.
2. Wohngebäude (nach DIN 4108-06/4701-10)
Hier hat sich inhaltlich in der Referenzgebäudebeschreibung nichts geändert. Auch die Norm hat sich nicht geändert.
Aber das hilft genau ... Trommelwirbel ... gar nichts!
Berechnungen für die KfW sind ja seit 01.01.2023 nach DIN 18599 zu führen. Und das deren Ergebnisse sich zur Berechnung nach DIN 4108-06/4701-10 unterscheiden, das ist bekannt.
Jetzt zum zweiten Teil, und ich gehe da von einem Wohngebäude aus.
1. Es liegt nur der Ausdruck des Energieausweises vor
Hier ist nicht einmal sicher, dass die Werte des Refenzgebäudes vorliegen. Ja, beim Primärenergiewert wäre ein dokumentierter Anforderungswert -im Fall EnEV 2014 ohne Verschärfung 2016- der Wert des Referenzgebäudes. Für den HT'-Wert gilt das schon nicht mehr. Hier wäre der Anforderungswert einer der Werte nach EnEV 2014 Anlage 1 Tabelle 2. Das zusätzlich der HT'-Wert des Referenzgebäudes einzuhalten ist, das galt erst ab 2016.
Selbst wenn man diese beiden Werte hätte ist es mir aber schleierhaft, wie man auf dieser Basis eine Aussage treffen will, welchen rechnerischen Effekt eine geplante Maßnahme haben wird.
2. Es liegen die ausführlichen Berechnungsunterlagen vor
Mit Mühe kann man hier vermutlich für einige Maßnahmen abschätzen oder berechnen, welchen Effekt sie haben können. Dies würde zwar auf den alten Normen beruhen, könnte aber zumindest die erforderliche Größenordnung darlegen. Für einen Antrag bei der KfW ist das aber nicht ausreichend.
3. Es liegt eine Projektdatei vor
Was hindert einen daran, diese mit einer neueren Softwareversion neu zu berechnen? In Abhängigkeit von der verwendeten Software, oder bei einem evtl. notwendigen Wechsel der Berechnungsnorm, ist Nacharbeit notwendig. Aber besser und einfacher als die ersten beiden Varianten ist es auf jeden Fall.