Im Internet werden Energieausweise seit Monaten zu Schnäppchenpreisen angeboten. Doch fast alle Online-Angebote sind nicht zu gebrauchen - so das Ergebnis eines Checks durch die Verbraucherzentrale NRW. Bei 97 Onlineangeboten - von Stadtwerken, Architekten, Ingenieuren, Technikern, Handwerkern und Abrechnungsfirmen - hat die Verbraucherzentrale NRW gecheckt, ob die Eingabemasken, mit deren Hilfe Energieausweis-Interessenten die notwendigen Daten zur Erstellung selbst übermitteln, sich an den gesetzlichen Vorgaben messen lassen. Lediglich einer der 97 überprüften Ausstellern fragte auf seiner Homepage alle 14 gesetzlichen Pflichtdaten vollständig ab.
Alle übrigen Ausweisaussteller beschränkten sich auf die Ermittlung von 7 bis 13 Daten. Dabei ließen 40% für die Ermittlung des Energiekennwerts wichtige Faktoren wie Kellerbeheizung und Leerstände außen vor. Bei 20% der untersuchten Online-Angebote musste der Besteller keine Energie aufwenden, um - wie gesetzlich vorgeschrieben - Angaben über die Warmwasserversorgung des Gebäudes zu machen. „Allein auf Grund der Internetpräsentationen ist für den Besteller in fast allen Fällen zweifelhaft, ob der bestellte Verbrauchsausweis überhaupt zu gebrauchen ist“, berichtet Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Unübersichtliche Datenblätter und missverständliche Anweisungen der Online-Aussteller taten ein Übriges, dass fast alle Angebote den Qualitätstest zur Dateneingabe nicht bestanden.
Mängel über Mängel
Auch beim zweiten Test-Element zeigten die Aussteller wenig Energie, um den Anforderungen zu genügen: Als die Verbraucherzentrale NRW für ein Mehrfamilienhaus - Baujahr 1962 - mit vier Wohneinheiten und 362 m² Wohnfläche bei 29 Anbietern Verbrauchsausweise per Mausklick orderte, fielen 12 der 29 Ausweise schon bei der formalen Prüfung auf Vollständigkeit und richtige Übertragung der übermittelten Daten durch und mussten nachgebessert werden. Es fehlten Angaben zum Anlass der Ausstellung, das Baujahr der Anlagentechnik oder zum Warmwasser.
Bei jedem dritten Ausweis stimmten die eingetragenen Daten nicht mit den übermittelten überein. Die meisten Fehler waren bei den Verbrauchszeiträumen und beim Warmwasser zu verzeichnen. Als noch wesentlich gravierender erwiesen sich jedoch Berechnungsfehler, die in der Regel nur von Fachleuten zu erkennen sind und bei denen der Online-Besteller deshalb auch keine Nachbesserung einfordern kann. In 18 der 29 bestellten Ausweise entdeckten die Energieexperten der Verbraucherzentrale NRW fachliche Fehler bei der Berechnung der Verbrauchskennwerte, die zum Teil zu erheblichen Abweichungen von bis zu 40% führten.
Kaum Plausibilitätsprüfungen
Der Plausibilitätstest schließlich rundete das Bild fahrlässiger Ausstellungspraxis ab, denn die EnEV schreibt vor, dass Aussteller die vom Ausweis-Besteller selbst gemachten Angaben nicht verwenden dürfen, wenn begründete Zweifel an deren Richtigkeit bestehen. Diesbezüglich hat die Verbraucherzentrale NRW bei der Online-Bestellung die Probe gemacht: Zehnmal wurden bewusst Zahlendreher in einem der drei Verbrauchszeiträume eingebaut, die Maßeinheiten m³ und kWh in vier Datenmasken verwechselt und bei neun Eingaben gezielt für die Verbrauchsberechnung die Hälfte des Normalverbrauchs zugrunde gelegt.
Daran knüpfte sie die Erwartung, dass die sehr niedrigen Werte bei der Einheiten-Verwechslung wie auch die durch Zahlendreher verursachte erhebliche Abweichung Ausstellern selbst bei nur sehr grober Überprüfung der übermittelten Verbrauchsdaten hätte auffallen müssen.
Doch ernüchternd das Ergebnis: Bei der - für das Musterhaus schon ziemlich unrealistischen – Eingabe des halben Verbrauchs gab es in keinem Fall eine Nachfrage: Alle Ausweise wurden mit einem Energiekennwert von rund 130 kWh/(m² a) annähernd auf Neubaustandard ausgestellt. Und auch die niedrigen Werte des Zahlendrehers ließen nur zwei Aussteller stutzen. Hingegen führte die Verwechslung der Maßeinheiten bei vier Ausstellern fälschlich zur Bescheinigung eines fantastischen Verbrauchskennwerts von ca. 50 kWh/(m² a).
Folgen können fatal sein
„Viele Aussteller von Online-Ausweisen sind von einer verantwortlichen Wahrnehmung der Prüfpflicht weit entfernt“, mahnt Klaus Müller dringend Qualitätsverbesserungen an. Aus seiner Sicht sind die Folgen der bisherigen Praxis fatal: „Vermieter wie Eigentümer haften, wenn Mieter oder Käufer Schadenersatz fordern, weil sie sich getäuscht fühlen, wenn Energiebedarfskennwerte im Verbrauchsausweis zwar ein Sparhaus avisierten, der tatsächliche Verbrauch dann aber einem energetisch sanierungsbedürftigen Objekt entspricht.“ GLR
Untersuchungsbericht der Verbraucherzentrale
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