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AKTUELLES

EnEV-Entwurf: Das steht drin

Einiges war in den letzten Wochen schon über den gemeinsamen EnEV-Entwurf von Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos zur Abstimmung innerhalb der Bundesregierung durchgesickert. Hier lesen Sie, was tatsächlich in dem Entwurf zum Optionsrecht und zu Modernisierungsempfehlungen steht, wann für welche Gebäude Energieausweise Pflicht werden, wer ausstellen darf und Sie erfahren, wo auf Energieberater beim Energieausweis Fallstricke lauern. Auch zum Termin gibt es Neues zu berichten: Trotz interner Vorlage vor dem Scheidetermin Ostern, hat man sich in den zuständigen Ministerien bereits davon verabschiedet, dass der Bundesrat noch vor der Sommerpause zustimmen könnte. Also wird es kein Inkrafttreten der EnEV vor dem 22. September 2006 geben.

Optionsrecht
Was schon seit einiger Zeit bekannt ist, ist das so genannte Optionsrecht des Eigentümers: EnEV-Entwurf §17 Absatz (1): „Energieausweise […] sind auf der Grundlage des berechneten Energiebedarfs oder des gemessenen Energieverbrauchs […] auszustellen. Es ist zulässig, sowohl den Energiebedarf als auch den Energieverbrauch anzugeben.

Aber das Optionsrecht kennt bei kleineren Wohngebäuden einen Malus: EnEV-Entwurf §19 Absatz (5): „Der […] ermittelte Energieverbrauchskennwert ist bei Wohngebäuden mit drei bis fünf Wohnungen um 15 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter Gebäudenutzfläche sowie mit bis zu zwei Wohnungen um 30 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter Gebäudenutzfläche zu erhöhen.

In der Begründung zum EnEV-Entwurf heißt es: „Nach statistischen Erkenntnissen nimmt mit abnehmender Zahl der Wohneinheiten die Anzahl der Gebäude zu, deren Energieverbrauch besonders weit von der statistischen Normalverteilung abweicht, weil er maßgeblich vom Nutzerverhalten geprägt ist. Eine besonders ausgeprägte Streuung des Energieverbrauchs ergibt sich bei Wohngebäuden mit wenigen Wohneinheiten selbst bei Berücksichtigung des Energieverbrauchs von drei Heizperioden.

Hoffentlich ergeht wenigstens noch der Hinweis, dass die Modernisierungsempfehlungen („Einsparversprechen“) mit dem tatsächlich gemessenen Verbrauchskennwert vorzunehmen sind. Einsprüche gegen die Schlechterstellung dürfte es ohnehin im Rahmen der Verbändeanhörung von den Eigentümerverbänden und der Wohnungswirtschaft hageln, allerdings bestehen auch innerhalb der Bundesregierung noch Bedenken.

Käufer und Mieter bekommen keinen Energieausweis
Bei Verkauf, Vermietung, Verpachtung und Leasing sieht EnEV 2006 §16 Absatz (2) vor: „Soll ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück, ein grundstücksgleiches Recht an einem bebauten Grundstück, selbständiges Eigentum an einem Gebäude oder Wohnungs- oder Teileigentum verkauft werden, hat der Verkäufer [gilt sinngemäß auch für Vermieter, Verpächter und Leasinggeber] den Kaufinteressenten einen Energieausweis zugänglich zu machen; […].“

Im Klartext: „Zugänglich machen“ bedeutet lediglich die Einsichtnahme zu ermöglichen. Dies kann beispielsweise durch Aushang im Gebäude während der Besichtigung oder durch Bereithaltung des Energieausweises im Büro des Verkäufers geschehen. Eine Übergabe des Energieausweises an den Käufer / Mieter / Pächter / Leasingnehmer sieht der EnEV-Entwurf nicht vor und muss zwischen den Vertragsparteien geregelt werden.

Indes kommt die Begründung zum EnEV-Entwurf zu dem Schluss, dass Energieausweise keine Rechtswirkungen haben, es sei denn, die Vertragsparteien machen den Energieausweis ausdrücklich zum Vertragsbestandteil. Auch ist das „Zugänglich machen eines Energieausweises“ keine Voraussetzung für die Rechtswirksamkeit eines Kauf- oder Mietvertrags.

Mithilfe durch den Eigentümer
EnEV-Entwurf §18 „Ausstellung auf der Grundlage des Energiebedarfs“ enthält ein ganz langes Gummiband: „Der Eigentümer kann die erforderlichen Gebäudedaten bereitstellen; der Aussteller darf diese seinen Berechnungen nicht zu Grunde legen, soweit sie begründeten Anlass zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit geben.

Was für die Wohnungswirtschaft durch die Hintertür die Selbstausstellung regelt, dürfte im Vertragsverhältnis zwischen Energieberater und Endkunden eher hinderlich sein. Denn der Energieberater ist rechtlich verpflichtet, den Eigentümer über diese „Spar-Möglichkeit“ aufzuklären. Allerdings muss er ihm dann anschließend auch plausibel machen, dass wegen des Prüfaufwands der Energieausweis trotzdem nicht preisgünstiger wird. Außerdem ist abzuwarten, was die Haftpflichtversicherer der Energieberater zu solchen Ferndiagnosen in ihre Policen schreiben werden.

Trotzdem sieht die Begründung zum EnEV-Entwurf darin ein Kernelement zur Kostenbegrenzung und Vereinfachung der Ausstellung von Bedarfsausweisen: „Insbesondere die Erfahrungen der Länder Hessen und Thüringen mit der Eigentümermitwirkung lassen erwarten, dass die Daten in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle unmittelbar verwendet werden können, ggf. nach telefonischer Rückfrage zur Klärung einzelner Angaben; kostenträchtige „Hausbesichtigungen“ können so vielfach vermieden werden.

Modernisierungsempfehlungen
Sprengstoff enthält EnEV-Entwurf §20 Empfehlungen für die Verbesserung der Energieeffizienz in Absatz (1): „Sind Maßnahmen für kostengünstige Verbesserungen der energetischen Eigenschaften des Gebäudes (Energieeffizienz) möglich, hat der Aussteller des Energieausweises dem Eigentümer anlässlich der Ausstellung eines Energieausweises entsprechende, begleitende Empfehlungen in Form von kurz gefassten fachlichen Hinweisen auszustellen (Modernisierungsempfehlungen). […] Sind Modernisierungsempfehlungen nicht möglich, hat der Aussteller dies dem Eigentümer schriftlich mitzuteilen.

Zwar wurden die Modernisierungsempfehlungen von den Befürwortern eines Bedarfsausweises bisher als das unschlagbare Argument angesehen, doch dass sie sich an den vorstehenden Formulierung erfreuen werden, ist zu bezweifeln. Auch darf man darauf gespannt sein, wann wohl dem ersten Energieberater-Kollegen wegen einer nicht genannten Modernisierungslösung eine Klage wegen „entgangener Energieeinsparung“ auf den Tisch flattert.

Leider wurde aus der EU-Gebäuderichtlinie der schwammige Begriff „“ übernommen, der vielfältig ausgelegt werden kann. Setzt man „kostengünstig“ mit „wirtschaftlich vertretbar“ gleich, müsste jeder Energieausweisaussteller eine sehr tief gehende Bewertung einschließlich Verbrauchdiagnose und -prognose vornehmen, um jeweils die Wirtschaftlichkeit festzustellen.

Allerdings so klar formuliert wie es im EnEV-Enwurf – „sind Maßnahmen möglich, hat der Aussteller Empfehlungen auszustellen“ – steht, scheint es der Verordnungsgeber nicht zu meinen: Die Legaldefinition des Energieausweises in der EU-Gebäuderichtlinie kann nur so gedeutet werden, dass Modernisierungsempfehlungen kein Bestandteil des Energieausweises sind, heißt es in der Begründung zum EnEV-Entwurf. Die Modernisierungsempfehlungen sind demnach nicht Bestandteil des Energieausweises, sondern werden auf einem gesonderten Formular dokumentiert.

Besondere Überleitungsvorschriften
Zurzeit sieht EnEV-Entwurf §29 vor (es existieren aber innerhalb der Bundesregierung noch Bedenken):

  • Erstmals sind Energieausweise für Wohngebäude der Baujahre bis 1965 sechs Monate nach Inkrafttreten (der EnEV 2006) erforderlich.
  • Für später errichtete Wohngebäude sind Energieausweise 18 Monate nach Inkrafttreten (der EnEV 2006) erforderlich.
  • Für Nichtwohngebäude sind Energieausweise erstmals 24 Monate nach Inkrafttreten (der EnEV 2006) erforderlich.
  • Vorhandene Energieausweise gemäß geltender EnEV und Wärmebedarfausweise gemäß Wärmeschutzverordnung werden anerkannt.
  • Ebenso werden Energieausweise anerkannt, „die freiwillig von den Gebietskörperschaften oder auf deren Veranlassung nach einheitlichen Regeln erstellt worden sind“.

Ausstellungsberechtigung für bestehende Gebäude
Bauvorlageberechtigte dürfen nach dem momentanen Stand des EnEV-Entwurfs auch ohne zusätzlichen Qualifikationsnachweis Energieausweise für alle Gebäude ausstellen. Alle anderen einschlägigen Berufsgruppen (Innenarchitekten, staatlich anerkannte Techniker im Hochbau, Bauingenieurwesen und der Gebäudetechnik sowie Handwerksmeister aus dem Bauhandwerk, Heizungsbau, Installation und Schornsteinfegerwesen dürfen Energieausweise und Modernisierungsempfehlungen für Wohngebäude ausstellen, wenn sie erfolgreich an einer Fortbildung teilgenommen haben, die den wesentlichen Inhalten eines Anhangs zur EnEV 2006 entspricht.

Die Bewertung von Nichtwohngebäuden ist Absolventen von Hoch- und Fachhochschulen aus den Bereichen Architektur, Hochbau, Bauingenieurwesen, Gebäudetechnik, Bauphysik, Maschinenbau und Elektrotechnik vorbehalten. Weitere Voraussetzungen sind der Ausbildungsschwerpunkt energiesparendes Bauen während des Studiums oder zwei Jahre Berufserfahrung nach dem Studium (Bau- oder Anlagentechnik) oder eine erfolgreiche Fortbildung, die den wesentlichen Inhalten eines Anhangs zur EnEV 2006 entspricht.

Ausblick
„Wesentliche Teile der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sind bereits mit der geltenden EnEV seit Anfang 2002 umgesetzt.“ Die „offiziellen Redner“ wurden in ihren Vorträgen bis zum Schluss nicht müde, sich selbst auf die Schultern zu klopfen. So steht es nun auch in der Begründung zum EnEV-Entwurf ab der vierten Zeile.

Für den „kleinen Rest“ haben trotzdem mehr als drei Jahre bisher nicht ausgereicht. Auch wenn die EnEV demnächst endlich offiziell wird, enttäuschte Gesichter sind vorprogrammiert. Viele Hoffnungen die sich an Details festgemacht haben, werden nicht erfüllt. Aus der Begründung zum EnEV-Entwurf:

Mit der richtlinienkonformen Umsetzung sollen rein national motivierte Zusatzbelastungen für Bürger und Wirtschaft vermieden werden. Dazu gehört auch, dass Gestaltungsmöglichkeiten, welche die Richtlinie eröffnet, so genutzt werden, dass „weiche“ Instrumente statt zusätzlicher ordnungsrechtlicher Vorschriften eingesetzt […] und der Aufbau neuer Verwaltungsstrukturen […] vermieden werden.

Eines ist aber klar – und das ist gut so: Die Bundesregierung versucht nicht, Energieberatung durch den Energieausweis zu ersetzen. Ob der erklärte Wille funktioniert, diese über den Ausweis verstärkt anzuregen, bleibt vorerst abzuwarten. GLR