Gemeinsame Stellungnahme von Passivhaus Institut, IG Passivhaus, Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen, IZN Friedrichsdorf, proKlima und Pro Passivhaus zum Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.5.2019: Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude — Gebäudeenergiegesetz (GEG)
Wir begrüßen die anhaltenden Bemühungen der Bundesregierung, den Vorgabender europäischen Gebäuderichtlinie näher zu kommen und dabei einen Ausgleichzwischen den zahlreichen Interessengruppen zu finden. Wir regen an, diesen Ausgleich auch mit den Interessen der kommenden Generationen zu suchen, die in Zukunft noch auf diesem Planeten leben wollen. Seit dem letzten GEG Entwurf vormehr als 2 Jahren wurde der Handlungsbedarf immer deutlicher: die Sommer werden heißer und trockener, die Treibhausgas-Emissionen steigen weiter, täglich hören wir Meldungen über immer schneller schmelzende Gletscher und vom Klimawandel bedrohte Arten. Der IPCC publizierte weitere Berichten und Handlungsempfehlungen, neue Modellrechnungen deuten darauf hin, dass bedrohliche Kipp-Punkte nochviel schneller erreicht werden könnten als bisher vermutet, und Schüler gehen auf dieStraße, um für ihre Zukunft zu demonstrieren.
Die alarmierende Dringlichkeit eines wirkungsvollen Klimaschutzes spiegelt sich im GEG Entwurf nicht wieder. Er ist weitgehend identisch mit dem alten Entwurf vom Januar 2017, sodass wir die damalige Stellungnahme des Passivhaus Instituts hier unverändert anfügen, lediglich die neuen Bezüge wurden ergänzt. Bei den öffentlichen Gebäuden, die Vorbild sein sollten, fällt die neue Fassung sogar deutlich hinter die damalige Fassung zurück; es gelten für diese nun weiterhin nur dieselben Anforderungen wie für andere Gebäude, nämlich die derzeit (seit 1.1.2016) gültigen.
Das Problem, wenn nicht endlich entschieden gehandelt wird: Gebäude haben lange Erneuerungszyklen. Neubauten, die nicht zukunftsfähig sind, werden noch weitere 30-50 Jahre viel zu viel Energie verbrauchen. Klimaneutralität ist mit solchen Standards auch dann noch nicht möglich. Das betrifft nicht nur Neubauten, sondern auch Altbauten, bei denen die Gelegenheit einer Sanierung nicht oder nur unzureichend dazu genutzt wird, sie auch energieeffizient zu machen. Dabei können auch die meisten Altbauten heute ohne große Mehrkosten auf nachhaltigen Standard gebracht werden; trotz der großen Bedeutung des Gebäudebestands enthält der Entwurf des GEG praktisch gar keine steuernden Vorgaben. Wenn wir in 30 Jahren klimaneutral werden wollen, dann muss schnellstens auf Erneuerbare umgestellt werden– und damit dies auch effektiv und kostengünstig umgesetzt werden kann, braucht es echte Effizienz, die Reduktion des Bedarfs; dies vor allem im Winter, wenn wenig erneuerbare Energie direkt zur Verfügung steht. Diese Einsparung zahlt sich sowohl energetisch als auch ökonomisch besonders aus, weil die saisonale Speicherung sehr aufwendig und teuer ist. Auch das wird durch das im Entwurf des GEG verankerte Nachweis- und Berechnungsverfahren nicht abgebildet.
Wir sind zuversichtlich, dass eine Nachfolgeregelung den drängenden Erfordernissen Rechnung tragen wird.
Bis dahin wäre es aber sinnvoll und notwendig, vorhandene hoch energieeffiziente Gebäudekonzepte wirksam zu unterstützen, und zumindest als Alternative zuzulassen – und damit wichtige Signale für Investitionen zu geben. Schließlich wissen wir schon lange, wie man zu zukunftsfähigen Gebäuden kommt. Passivhäuser machenes seit 1991 vor. Die Techniken sind marktverfügbar und können von zahlreichen ausgebildeten Planern und Handwerkern kompetent und wirtschaftlich umgesetztwerden. Das Prinzip ist: gute Planung und Ersatz von ohnehin vorhandenen Komponenten durch bessere – anstelle teurer Zusatzmaßnahmen zur CO2-Reduktion. Diese wirtschaftlichen Effizienzmaßnahmen verursachen gar keine oder sogar negative CO2-Kosten – eine ungeheure Chance sowohl für den Klimaschutz als auch für die wirtschaftliche Entwicklung.
Als Sofortmaßnahme schlagen wir daher vor, alternative und vor allem transparente und zuverlässige Berechnungs- und Nachweisverfahren wie das PHPP zu erlauben. Dies kann mit einer erweiterten Öffnungsklausel in § 33 umgesetztwerden. Auch der Innovationsparagraph § 102 sollte diese Alternativen ausdrücklich nennen und als geeignete Verfahren zulassen. Außerdem sollten Gebäude mit vorhandenem Passivhausnachweis in § 31 zusätzlich aufgeführt werden, sodass die Anforderungen des GEG nach § 10 Absatz 2 im Rahmendes vereinfachten Nachweisverfahrens als erfüllt gelten.