Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) reagiert mit konkreten Vorschlägen auf die Forderung der Bundesregierung, als Konsequenz aus der Atomkatastrophe in Japan die Energieversorgung hierzulande schneller auf Erneuerbare Energien umzustellen.
„Wir schlagen mit unserem Aktionsprogramm eine Reihe von Maßnahmen vor, die für den Gesetzgeber schnell und einfach umzusetzen sind und dem Ausbau der Erneuerbaren deutliche Impulse auf allen Ebenen geben. Bis zum Jahr 2020 können die Erneuerbaren Energien den Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland bereits vollständig kompensieren. Wir sind jedoch einer Meinung mit weiten Teilen der Bundesregierung und der Bevölkerung, dass es sinnvoller und möglich ist, die Nutzung der folgenschweren Hochrisikotechnologie Atomkraft noch schneller zu beenden“, erklärt BEE-Präsident Dietmar Schütz.
Als erste Maßnahme auf dem Weg dorthin sei ein Erneuerbare-Energien-Ausbaubeschleunigungsgesetz notwendig – ein Artikelgesetz, das alle relevanten Regelwerke auf den Prüfstand stellt. „Nicht nur in die originären EE-Gesetze wie Erneuerbare-Energien-Gesetz oder Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, sondern beispielsweise auch in Energiewirtschaftsgesetz, Raumordnungsgesetz, Naturschutzgesetz und Wasserhaushaltsgesetz muss das Ziel des Umstiegs auf Erneuerbare Energien aufgenommen werden“, so Schütz.
Darüber hinaus sollte die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern, den Planungsgemeinschaften und Vertretern der Kommunen einen Projektstab einrichten, um eine Strategie für eine schnellere Ausweisung von zusätzlichen Flächen zum Bau Erneuerbarer-Energien-Anlagen umzusetzen. „Dazu gehört auch ein Modernisierungsprogramm für Radaranlagen“, erläutert Dietmar Schütz. Denn veraltete Radartechnik werde von der Bundeswehr immer wieder als Ausschlussgrund für den Bau moderner Windenergieanlagen angeführt.
„Der Umbau der Energieversorgung findet vor Ort statt. Deshalb müssen Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung novelliert werden, um bestehende Hemmnisse im Genehmigungs-verfahren von Erneuerbare-Energien-Anlagen abzubauen“, ergänzt BEE-Geschäftsführer Björn Klusmann.
Die Netzregulierung muss ebenfalls neu ausgerichtet werden. „Denn die Regulierung der Stromnetze durch die Bundesnetzagentur zwingt Netzbetreiber zu einem rein kosten-orientierten Ausbau der Infrastruktur. Damit haben sie nur mit Renditeeinbußen die Möglichkeit, die Netze auf den notwendigen Umbau der Energieversorgung vorzubereiten. Die Umstellung der Regulierungsmaßstäbe auf einen zukunftsorientierten Netzausbau kann diesen erheblich beschleunigen“, sagt Klusmann. Dabei müssten alle Netzebenen berücksichtigt werden – vor allem aber die Verteilnetze bis einschließlich der 110kV-Ebene –, um den notwendigen Netzausbau auf der höchsten Spannungsebene auf das unbedingt erforderliche Maß zu begrenzen.
„Die Erdverkabelung sollte auf der 110kV-Ebene zum Regefall werden, denn ihre Akzeptanz ist höher als die von Freileitungen“, rät Dietmar Schütz. Eventuelle Mehrkosten würden dabei durch vermiedenes Einspeisemanagement im EEG ausgeglichen. „Bei einer hauptsächlich durch EEG-Einspeisungen genutzten Leitung entstehen keine zusätzlichen Kosten“, erläutert Schütz.
„Um die Akzeptanz für Netze in den Kommunen zu erhöhen, brauchen wir ein Gewerbesteuersplitting bei Infrastrukturmaßnahmen: Generell sollten vom Netzausbau berührte Gemeinden an dessen positiven wirtschaftlichen Auswirkungen und damit an der Gewerbesteuer der Netzbetreiber teilhaben können“, regt BEE-Geschäftsführer Klusmann an. Mit einer seit 2009 vergleichbaren Regelung für die Windenergie ist die Akzeptanz dieser Technologie in den Kommunen deutlich gesteigert worden.
Als weitere Maßnahme erneuert der BEE seine Forderung nach einem Anreiz für Regenerative Kombikraftwerke: „Der von der Bundesregierung lange angekündigte Stetigkeitsanreiz für das Zusammenschalten verschiedener regenerativer Erzeugungsanlagen mit Speichern und Maßnahmen zum Lastmanagement muss schnell eingeführt werden. Ein solches Instrument mobilisiert die vorhandenen Flexibilitätspotenziale der Biogasanlagen und ermöglicht Investitionen in verschiedene Speicheroptionen“, so Klusmann.
Dazu sollten dezentrale Erzeugungsanlagen in die Netzplanung eingebunden werden: „Mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien kommt es zum einem Paradigmenwechsel im Energiesystem. Durch Anreize zur intelligenten Einbindung von Energieeffizienz- und Nachfragesteuerungsmaßnahmen sowie von dezentralen Erzeugungsanlagen kann der Verteilnetzbetreiber den Netzausbaubedarf minimieren“, sagt Schütz.
Da der mit der Laufzeitverlängerung im vergangenen Herbst groß angekündigte Energie- und Klimafonds der Bundesregierung in der neuen Situation für die Atomkraft nun endgültig obsolet geworden ist, sollte die Regierungskoalition endlich eine solide Finanzbasis für den Ausbau von Erneuerbaren Energien und Effizienztechnologien im Wärmebereich schaffen. Der BEE schlägt hier die Erneuerbare-Energien-Wärmeprämie vor. Sie ermöglicht, dass der Wärmesektor seinen Umstieg von Öl und Gas auf Erneuerbare Energien selbst finanziert, ohne den Bundeshaushalt zu belasten.
„Bereits 2007 sind mehrere wissenschaftliche Institute in einer Bewertung unterschiedlicher Fördermodelle für den Wärmesektor zu dem Schluss gekommen, dass ein haushalts-unabhängiges Modell das effektivste Instrument ist, um die Energiewende im Gebäudebereich zu schaffen“, erklärt Klusmann.